Speziell im Herbst entdecken manche Gartenbesitzer Igel in ihren Gärten. Auch in der Facebook-Gruppe «Mission B – Jeder Quadratmeter zählt» sind Igel immer wieder ein Thema. Sie haben viele Fragen zu diesem stacheligen und von vielen geliebten Tier. Simon Steinemann, Geschäftsleiter der Igelstation Zürich, beantwortet diese Fragen und gibt Tipps, wie wir den Igel schützen können.
Igel füttern: Ja oder Nein?
Die weitaus häufigste Frage ist: Soll man Igel füttern oder nicht? Sandrine Steinmann hatte diese ganz grundsätzliche Frage bereits im Juli gestellt. Inzwischen ist der Winter nähergekommen und die Igel sind noch viel mehr auf Nahrung angewiesen. Von Simon Steinemann wollten wir deshalb wissen, wann es angemessen ist einen Igel zu füttern und welches Futter geeignet ist?
Igelexperte Simon Steinemann: Die Fütterung von Igeln ist zwar gut gemeint, meist aber nicht nötig oder sogar kontraproduktiv. Es gibt viele Gründe, wieso man Igel möglichst nicht füttern sollte. Zum einen sollen die Jungtiere erlernen können sich Futter zu beschaffen. Zum anderen gibt es Igel, die bei einem zu grossen Nahrungsangebot gar nicht in den Winterschlaf gehen. Dieser gehört jedoch zum normalen Zyklus unserer heimischen Igel. Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen, wann Füttern angebracht ist. Auf Futter angewiesen sind zum Beispiel Igel, die im Spätwinter – wenn der Boden noch gefroren ist – aus dem Winterschlaf erwachen, oder Jungtiere, die im Spätherbst – ungefähr ab Mitte Oktober – das für den Winterschlaf nötige Gewicht von 500-600g noch nicht erreicht haben. Am besten informiert man sich in einem solchen Fall direkt bei einem Igelzentrum.
Wenn tatsächlich einer dieser Ausnahmefälle eintrifft, empfiehlt sich Katzennassfutter oder zur Not auch Katzentrockenfutter. Ganz wichtig ist, dass man den Igeln nie Milch gibt. Ein Igel verträgt keine Kuhmilch, weil sein Magen die Laktose nicht abbauen kann.
Können Igel zu dick sein für den Winterschlaf?
Angi Keller hat in ihrem Garten einen ziemlich abgemagerten Igel gefunden und beschlossen, dem kleinen Findling Igelfutter hinzustellen. Nun kommen aber auch andere Igel zu dieser Futterstelle, schreibt sie in ihrem Post in der Facebook Gruppe. Einer davon sei bereits sehr gut genährt, weshalb sich Frau Keller nun fragt, ob dieser vielleicht zu dick werden könnte.
Igelexperte Simon Steinemann: Das Füttern von Igeln ist nicht ganz einfach. Wer sich dazu entschliesst, einen Igel zu füttern, sollte sicherstellen, dass nur der untergewichtige Igel Zugang zum Futter bekommt. Nur so kann man sicherstellen, dass der betroffene Igel genügend Nahrung bekommt. Als Erkennungsmerkmal kann man zum Beispiel mit Nagellack ein paar Stachelspitzen einfärben.
Freilebende Igel können durch Fütterung kaum zu dick werden. Früher, als man untergewichtige Igel teilweise eingefangen und im Keller gefüttert hat, gab es manchmal Fälle, in denen Igel wegen Überfettung eingeschläfert werden mussten. Ihnen fehlte im engen Raum die Bewegung.
Tagaktive Igel sind krank. Stimmt das wirklich?
Auch Fredi Schären hatte Igelbesuch im Garten. Da er den Besucher jedoch am Tag und nicht wie gewöhnlich in der Nacht entdeckte, war er etwas verunsichert, ob mit dem Tier alles in Ordnung ist.
Igelexperte Simon Steinemann: Nicht jeder tagaktive Igel hat ein Problem. Gerade Jungtiere suchen manchmal auch tagsüber nach Futter. Auch ausgewachsene Igel wechseln manchmal den Tagesschlafplatz, zum Beispiel wenn sie bei Regen einen geschützten Unterschlupf suchen.
Trotzdem sind Igel grundsätzlich dämmerungs- und nachtaktiv. Man sollte also auf alle Fälle vermeiden, schlafende Igel aufzuwecken.
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Weitere Tipps vom Experten
Simon Steinemann, Leiter des Igelzentrums Zürich, hat noch einige weitere Anliegen. So sollte man zum Beispiel zu dieser Jahreszeit defensiver und vorausschauender fahren, um Igel auf der Fahrbahn frühzeitig zu erblicken. Im Garten sollte man vor allem mit maschinell betriebenen Geräten vorsichtig sein. Wer beispielsweise einen Fadenmäher benutze, sollte immer zuerst mit einem Laubrechen sicherstellen, dass keine Igel in den Büschen oder im Laub versteckt sind. Auch die Rasenmäher-Roboter sind dem Igelexperten ein Dorn im Auge. Diese selbstfahrenden Messer können Igel verstümmeln oder gar töten. Am besten lasse man im Garten eine wilde Ecke stehen oder baue einen Haufen aus Ästen und Laub, unter dem sich Igel ein Winterquartier einrichten können.
Ob ein Igel zu gegebener Zeit wirklich bereit ist für den Winterschlaf, ist manchmal nur schwer zu erkennen. Auf der Webseite des Igelzentrums Zürich werden Checklisten zur Verfügung gestellt, die die Beurteilung eines Igels erleichtern können. Bei Unklarheiten geben Igelzentren gerne Auskunft.
Wenn sie selber einem Igel begegnen, können sie ihre Beobachtungen melden. Mit diesen Daten kann der Bestand der Igel in der Schweiz beobachtet werden.