Hat eine Hypnose tatsächlich eine messbare Wirkung, oder bildet sich das die hypnotisierte Person bloss ein? «Puls» machte die Probe aufs Exempel und schickte Dr. Thomas Kissling in Begleitung von Hypnosetherapeutin Susanne Keller nach Gstaad, wo auf der Kunsteisbahn ein Zelt aufgestellt wurde. Hier sollten «verkabelte» Freiwillige Antworten oder zumindest Anhaltspunkte liefern.
Spürbarer Effekt
Gemessen wurden Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung des Bluts, Atemfrequenz und EKG. Nur die Hirnstromkurve liess sich nicht erheben - das hochsensible Equipment reagierte derart stark auf kleinste Schwankungen in der Stromversorgung, dass auf diese Messung schliesslich schweren Herzens verzichtet wurde. «Da wurden uns klar die Schwierigkeiten und Grenzen eines Feldversuchs vor Augen geführt», resümiert Kissling. «Auch der Ort des Experiments, mitten auf einem Platz und mit all den Geräuschen um uns herum, erschien mir erst nicht optimal.»
Trotzdem gelang bei allen Freiwilligen die Hypnoseeinleitung, die zu den erwarteten Effekten führte: Puls und Atmung verlangsamten sich, der Blutdruck sank. An dieser Stelle beginnt normalerweise die therapeutische Arbeit, in der die Patienten zur Lösung eines Problems – z. B. ihrer Flugangst – geführt werden. Im Feldversuch in Gstaad liess man es dabei bewenden, via Suggestion Einfluss auf die Körpertemperatur der Versuchspersonen zu nehmen. Mit spannenden Ergebnissen: Wohl berichteten manche, dass ihnen heiss war und sie geschwitzt hätten, aber nur bei einer Probandin war tatsächlich ein Anstieg der Körpertemperatur zu verzeichnen – um 0,7 °C.
Fazit: Hypnose hat zwar einen individuell fühlbaren Einfluss, der aber nicht messbar sein muss. Das kann durchaus an Unzulänglichkeiten der Messung liegen.
Ständig in Kontrolle
Schliesslich wollte es der «Puls»-Arzt noch selber wissen und begab sich in die Hände von Susanne Keller: «In meiner Praxis geht es häufig darum, Patienten zu beruhigen. Dabei bediene ich mich Meditations- und Suggestionstechniken, die ähnliche Effekte zeitigen wie jene, die wir hier gesehen haben und wende sie auch bei mir selber an. Da war ich gespannt, was bei einer Hypnose passiert.»
Eigentlich sei er davon ausgegangen, dass er nicht leicht beeinflussbar sei, «aber dann habe ich bemerkt, wie meine Muskulatur sich vom Kopf her entspannte und immer schlaffer wurde. Und da die ganze Zeit über die Kamera lief, dachte ich plötzlich ‹wenn mir jetzt nur kein Speichelfaden aus dem Mund läuft!›» Was ihm bewusst gemacht hat, dass seine Wahrnehmung ganz normal funktionierte, ähnlich einem Traum, in dem einem bewusst wird, dass man träumt. «Man hat jederzeit die Kontrolle», betont Kissling. Das habe übrigens auch jener Proband bewiesen, der das Experiment von sich aus abgebrochen habe.
Hat das Erlebnis die Einstellung des «Puls»-Arzts zur Hypnose verändert? «Nein, ich überweise jetzt schon Patienten an Kollegen mit entsprechender Ausbildung. Ich werde diese anerkannte Therapiemöglichkeit aber wohl noch häufiger in Erwägung ziehen, da das Erlebnis doch sehr eindrücklich war.»