«WILDER» spielt in einem Dorf – und da sprechen alle denselben Dialekt. Was in der Realität selbstverständlich ist, bedeutet in einer TV-Serie viel Arbeit.
Während in vielen Schweizer Filmen ein buntes Gemisch an Dialekten zu hören ist, musste sich für die neue SRF-Krimiserie manch ein Schauspieler, manch eine Schauspielerin einen neuen Dialekt aneignen: Berndeutsch. Dieses schwierige Unterfangen ist dank der Hilfe eines Dialektcoaches kein Ding der Unmöglichkeit.
Auch Geschäftsleute brauchen Sprachcoaches
Im englischsprachigen Raum sind Dialektcoaches schon lange verbreitet, in der Schweiz hingegen eine Seltenheit. Nathalie Claude rüstet als Dialektcoach Schauspieler und Schauspielerinnen mit der korrekten Aussprache für das Set aus. Zudem gibt sie Workshops oder Einzeltraining in anderen Berufsfeldern.
«Im Privaten mag ein Akzent charmant sein. Im Geschäftsleben hingegen kann er stören. Die korrekte Aussprache wird immer wichtiger», erklärt die gebürtige Bernerin, die seit 18 Jahren in Berlin lebt.
«Gewisse Dialekte haben einen negativen Ruf. Die Leute wollen sich davon befreien, um ernster genommen werden. Ich unterstütze sie dabei.»
Jeder Dialekt hat einen Code
Wie wird man Dialektcoach? Als Nathalie Claude in den USA Gesang studierte, wurde sie aufgrund ihres Akzents oft auf ihre Herkunft angesprochen.
Das störte sie. «Ich begann, mich intensiv mit Sprache auseinanderzusetzen. Denn jede Sprache, jeder Dialekt hat einen Code. Diesen zu knacken und weiterzuvermitteln liebe ich. Zuerst habe ich das für mich persönlich im Englischen gemeistert, später kam Hochdeutsch dazu. Dass ‹WILDER› in Berndeutsch gedreht wurde, war glücklicher Zufall.»
«Alle können das lernen»
Als Code bezeichnet sie spezifische Ausdrücke und Tonalitäten, manchmal gar eigene Satzstellungen, wie dies im Berndeutschen der Fall ist. Doch fokussiert sie als Musikerin vor allem auf den Klang.
Ihr Vorgehen: «Erst schaue ich was die Person mitbringt. Was machen Lippen, Zunge, Kiefer? Das ist wie eine manuelle Einstellung in der Sprechmuskulatur. Die Leute müssen sich auf Video aufnehmen, damit sie es hören und sehen.
Dann führe ich vor, wie es anders sein müsste und es geht ans Üben. Nicht allen fällt das gleich leicht. Es gibt mehr oder weniger Talentierte, aber alle können das lernen.»
Eine Baslerin lernt Berndeutsch
«Neei», «Moou» oder «Äuää» klingt es nun in «Wilder» aus manchem Mund. Die lang gedehnten Vokale haben es in sich. «Bending Notes» nennt diese Nathalie Claude, in Anlehnung an die Musik.
So spricht nun auch Sarah Spale. Die gebürtige Baslerin spielt die weibliche Hauptrolle der Rosa Wilder. Im fiktiven Bergdorf Oberwies hat sie einen Kriminalfall aufzuklären.
Das Berndeutsche war eine Herausforderung für Spale. «Ich hatte Respekt. Berndeutsch hat eine völlig andere Sprachmelodie als Baseldeutsch, ein anderes Sinnverständnis.»
Die Zusammenarbeit mit Nathalie Claude hat ihr dennoch Spass gemacht. Spätabends, wenn die Kinder im Bett waren, haben die beiden in Skype-Gesprächen Rosas Rolle durchgeackert.
Und mit ihrem Kollegen, dem Berner Schauspieler Marcus Signer, hat Spale den Part jeweils vor dem Dreh nochmals geübt. So habe sie sich sehr bewusst mit der Figur der Rosa Wilder beschäftigt. «Ein Glück, sich derart intensiv mit der Sprache einer Figur auseinandersetzen zu können.»
Inspirierendes Drehbuch
Am Ende hat sie sich sogar wohlgefühlt im Berndeutschen. Marcus Signer, der an Seite von Sarah Spale in der männlichen Hauptrolle des Manfred Kägi zu sehen ist, lobt die Leistung seiner Kollegen und Kolleginnen am Set.
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Claude hat dem Drehbuch den berndeutschen Feinschliff gegeben, hat fast alle Parts der «Nicht-Berner» eingesprochen und aufgenommen.
Die harte Arbeit hat sich gelohnt. Und sie hat Claude dazu inspiriert, «zu ihren Wurzeln zurückzukehren». Das Resultat: ein Album mit berndeutschen Songs.