Die Olympischen Winterspiele in Peking stehen unter speziellen Vorzeichen. Corona-bedingt werden ausländische Sportlerinnen und Sportler sowie Journalistinnen und Journalisten völlig von der chinesischen Öffentlichkeit isoliert. Grund dafür ist Chinas strenger Umgang in Bezug auf das Coronavirus. Bereits die Anreise wird zur surrealen Erfahrung. Ein Selbstbericht des SRF-Journalisten.
- Mittwoch, 19 Uhr, Boarding Time
Zittern. Die erste richtige «Prüfung» steht an. Stundenlang habe ich mich in den Tagen und Stunden zuvor mit einer Dokumentenschlacht herumgeschlagen. Der erste Kampf: Zwei negative PCR-Tests innert 96 Stunden vor dem Abflug, aber nicht näher als 24 Stunden beisammen. Überstanden. Die zweite Schlacht: 14 Tage lang «Health Monitoring», also Gesundheitsdaten und Körpertemperatur eintragen, sowie zwei verschiedene notwendige QR-Codes, die nur kurz vor Abflug generiert werden können. Irgendwie überstanden.
Zum Erstaunen des Autors geht der Check der Dokumente reibungslos über die Bühne. Ab ins Flugzeug. Der Flug dauert rund 10 Stunden. Die Schweizer sowie die kanadische Eishockey-Nationalmannschaft fliegen mit. Athleten und Journalisten beisammen, die Stimmung gelassen, später wird geschlafen.
- Donnerstag, 12 Uhr (Peking-Zeit), Ankunft Peking
Über wilde russische Tundra und über verlassenes mongolisches Hochland geht es nach Peking. Ein freundlicher Abschied der Swiss-Crew. Man biegt um eine Ecke und betritt das chinesische Flughafengebäude – und landet in einer plötzlich surreal erscheinenden Bubble. Fünf Funktionäre stehen Spalier. In Ganzkörper-Schutzanzug und teilweise Mikrofon, damit man sie versteht. Im Gesicht jene Schutzbrille, die an die Chemie-Stunden im Gymnasium erinnern. Dystopische Verhältnisse.
Die Helfer geleiten uns unter militärisch anmutenden Anweisungen zu einer Halle. Absitzen und warten. In Tranchen darf man aufstehen, immer etwa ein halbes Dutzend Sitzreihen. Es geht weiter, Dokumente werden gecheckt, ein weiterer PCR-Test steht an. Fotografieren und filmen strengstens verboten, heisst es auf Schildern.
Bemerkt man diese Schilder zu spät und gibt man sich dem Drang des Festhaltens eines solchen Augenblickes hin – wie in meinem Falle – kommt schnurstracks ein Helfer angeschwirrt. Ich erstarre mit gezücktem Telefon. Er will dieses checken und zusehen, wie die Aufnahme gelöscht wird. Die Kommunikation läuft grösstenteils mittels Zeichensprache ab. Das Verbot gilt auch für den nächsten Bereich, in welchem uns die Akkreditierung ausgehändigt wird und der Pass und die Codes erneut unter die Lupe genommen werden.
- Donnerstag, 14 Uhr, Busfahrt
Die chinesischen Helfer, die zu Hunderten am Flughafen sind und ausnahmslos – auch jene Arbeiter draussen – in Chemikalienschutzanzügen arbeiten, sind zumeist freundlich. Das Gepäck wird draussen sortiert, wieder wird man in Tranchen dorthin geleitet. Daneben ein provisorisches Car-Terminal. Gepäck gefunden, dutzende Cars warten nun darauf, die Journalisten und Sportler an verschiedene Orte zu bringen.
Ich steige in jenen nach Zhangjiakou ein, wo ich untergebracht bin. Fünf Stunden dauert die Reise, zwischendrin werden natürlich nochmals Dokumente gecheckt. Zwei Polizei-Wagen eskortieren die Cars am vorderen und hinteren Ende der Kolonne. Im Car ist der vorderste Teil hermetisch mit Plastikfolie und Klebeband abgeriegelt. Kein Risiko wird eingegangen.
- Donnerstag, 20 Uhr, Ankunft Zhangjiakou
Das Ende der Reise ist in Sicht. Nach einer langen Fahrt durch braunes, karges Hügelgebiet empfangen mich plötzlich die farbigen Lichter des Hotelkomplexes in Zhangjiakou. Dieser ist gross, aber von allen Seiten mit einem Zaun umspannt. Unser Car durchquert eine Kontrolle, lässt uns dann vor der Rezeption aussteigen. Ein weiterer Scan, wie beim Flughafen, steht an, Pass und Akkreditierung werden unter die Lupe genommen. Dann gibt es den Schlüssel. Erste Anweisung: direkt ins Zimmer, bis das negative Ergebnis des PCR-Tests feststeht.
Um etwa 22 Uhr dann die Bestätigung. Alles in Ordnung – aufatmen. Was bleibt, ist ein beklemmendes Gefühl. Man hat sich auf die Bubble vorbereitet, aber die dystopische Realität ist trotzdem ein leichter Schock.