Der Trophäenschrank des Genève-Servette HC war überaus bescheiden gefüllt, als Jan Cadieux im November 2021 das Traineramt der Genfer vom freigestellten Patrick Emond übernommen hatte. Je zwei Spengler-Cup-Pokale aus der Ära Chris McSorleys und bereits angestaubte Trophäen des Schweizer Cups aus grauer Vorzeit standen in der Vitrine. Als Cadieux die Geschicke übernahm, war Servette zuvor zum 9. Mal in seiner Geschichte Vizemeister geworden.
Cadieux' Übernahme-Saison endete ernüchternd, nach Platz 8 in der Qualifikation war die Saison bereits nach den Pre-Playoffs und zwei Niederlagen gegen Lugano zu Ende. Die Mannschaft wurde im Sommer punktuell verstärkt und man trennte sich von diversen Spielern.
Durchbrechen der Deutschschweizer Dominanz
Gleich in der Saison darauf, Cadieux' ersten kompletten, holten sich die «Grenats» den Qualifikationssieg. Nach der geglückten Revanche gegen Lugano (4:2 im Viertelfinal) und dem klaren Weiterkommen gegen Meister Zug (4:1) trafen die Genfer im Final auf den EHC Biel.
Servette bot sich gegen die Seeländer die Chance, zum ersten Mal nach La-Chaux-de-Fonds 1973 den Meistertitel in die Westschweiz zu holen und viel wichtiger: erstmals überhaupt in die Calvinstadt. Am 27. April gelang Cadieux, was in 118 Jahren keiner vor ihm geschafft hatte: Er wurde mit Servette Schweizer Eishockeymeister.
Im Sommer glaubten wir nicht an einen Meisterblues.
Für Cadieux und seine Genfer wartete sogleich die nächste Herausforderung; den Erfolg zu bestätigen. «Im Sommer glaubten wir nicht an einen Meisterblues», gab Cadieux im «Sportpanorama» im Januar zu. Den gab es sehr wohl, denn die Konstanz hat weitgehend gefehlt in dieser Saison. Kurz vor Ende der Qualifikation liegt Servette auf Platz 8.
Der Meisterblues beschränkte sich aber auf die Liga. In der Champions Hockey League war davon wenig zu spüren. Servette qualifizierte sich souverän für die K.o.-Phase. Nacheinander zogen RB München (GER), die Växjö Lakers (SWE) und Lukko Rauma (FIN) gegen die Genfer den Kürzeren. Am Dienstagabend krönte sich Servette mit einem 3:2-Sieg gegen Skelleftea (SWE) zu Europas bester Mannschaft.
Der Wille, die Champions Hockey League zu gewinnen, war grösser, als in der Liga gut zu spielen.
Für Cadieux kam das gute Abschneiden auf europäischer Bühne trotz durchzogenen nationalen Leistungen nicht überraschend: «Der Wille, die Champions Hockey League zu gewinnen, war grösser, als in der Liga gut zu spielen», sagte er nach dem Halbfinal-Hinspiel.
Mit dem Abschluss und dem Gewinn der Champions Hockey League kann Servette den Fokus nun voll und ganz auf die Meisterschaft legen. Einen neuen Titel wird es in absehbarer Zeit nicht zu gewinnen geben, Servette wird die Erfolge aus bekannten Wettbewerben bestätigen müssen.