Die Lage beim EVZ ist ungemütlich. Zum Auftakt der Playoff-Viertelfinals gegen den SC Bern haben die Zentralschweizer im letzten Drittel eine 3:1-Führung verspielt. «Wir haben unseren ‹Swagger› verloren», stellte Coach Dan Tangnes im Nachgang fest. Der 45-Jährige benutzt das englische Wort oft, als er nach dem 3:4 zuhause gegen den SCB nach der Resultat- und Formkrise sucht. Es ist schwierig zu übersetzen, bezeichnet aber eine Art Arroganz oder Selbstbewusstsein – wie es sehr erfolgreiche Teams entwickeln.
Krise bedrohlichen Ausmasses
Ein Selbstverständnis, dass man (fast) immer einen Weg zum Sieg findet und am Ende besser ist als der Gegner. Der EV Zug war auf dem Weg zu seinen Meistertiteln 2021 und 2022 geradezu der Inbegriff dieses «Swagger». Der Coach der Zuger zeigt sich zwar überzeugt, dass er auch jetzt noch die Spieler hat, um Meister zu werden. Bloss: Auf dem Eis strahlen diese schon seit vielen Wochen alles andere als Selbstbewusstsein oder Souveränität aus. Der Anschlusstreffer durch Romain Loeffel zum 3:2 hat gereicht, um das Kartenhaus zusammenkrachen zu lassen.
Die Krise des eigentlichen Meisterkandidaten hat bedrohliche Ausmasse angenommen. Neun der letzten zehn Spiele der Qualifikation hat Zug verloren, aber immerhin gerade noch den 4. Platz und das Playoff-Heimrecht in den Viertelfinals gerettet. Seit Sonntagabend ist auch dieses weg.
In einer Stresssituation wie dieser sind sie sowieso kaum aufnahmefähig für meine Inputs.
Abwehr und Genoni löchrig
Die Abwehr gleicht eher einem Hühnerhaufen als einem geordneten Bollwerk. Und dies, obwohl mit den Schweden Lukas Bengtsson und Niklas Hansson sowie Tobias Geisser drei der vier angeschlagenen Stammverteidiger zurückgekehrt sind. Am Dienstag im Spiel 2 in Bern dürfte auch Livio Stadler folgen.
Und für einmal konnte es selbst Leonardo Genoni nicht richten. In seiner 907. Partie als Torhüter Nummer 1 in der National League – womit er den Rekord von Reto Pavoni einstellte – war auch Genoni ein Schlussmann von irdischer Statur. Bei zwei der vier Gegentreffer sah er nicht sehr souverän aus. Wenn selbst der «Superman» nur noch menschlich ist, müssen in Zug definitiv alle Alarmglocken läuten.
Seit Januar kein Powerplay-Goal
Eine weitere Baustelle, neben der löchrigen Abwehr vielleicht die grösste, ist das Überzahlspiel der Zuger. Seit dem 30. Januar konnte Zug in zwölf Spielen fast 40 Minuten Powerplay spielen – und erzielte dabei 0 Tore. Ein grosses Problem, wie auch Dan Tangnes zugibt. Der eloquente und erfolgsverwöhnte Norweger ist auch im Bauch der Zuger Eisarena zu später Stunde die Freundlichkeit in Person und nimmt sich viel Zeit für die Journalisten. Doch er macht auch einen ziemlich ratlosen Eindruck.
Im Schlussdrittel versuchte Tangnes vergeblich, seine Spieler während der ausgedehnten Werbepause aufzurütteln. «In einer Stresssituation wie dieser sind sie sowieso kaum aufnahmefähig für meine Inputs», glaubt Tangnes. Ist das bereits eine Bankrotterklärung des Trainers, der sich in sechs äusserst erfolgreichen Jahren in Zug fast schon Legenden-Status erarbeitet hat?