Die Fallhöhe im Profisport kann extrem gross sein. Ein Fehltritt hier, ein schlechtes Spiel dort und schon droht man in der Team-Hierarchie durchgereicht zu werden. Das Beispiel von Jordan Binnington zeigt aber, dass es genauso schnell auch in die andere Richtung gehen kann.
Die Nummer 1 der Goalies im kanadischen WM-Team ist verantwortlich für einen der wohl kometenhaftesten Aufstiege in der Geschichte der NHL.
Vom No-Name zum Stanley-Cup-Helden
Binnington war bereits 25-jährig und ein zu diesem Zeitpunkt solider Goalie in der zweithöchsten nordamerikanischen Liga (AHL), als sich Anfang 2019 sein Leben innert weniger Tage komplett veränderte.
Weil die beiden Goalies bei den St. Louis Blues eine Baisse durchliefen, kam Binnington zum Handkuss. Was der Kanadier aus dieser Chance machte, sucht seinesgleichen:
- Am 7. Januar 2019 kommt Binnington zu seinem ersten NHL-Start. Beim Sieg gegen Philadelphia wehrt er alle 25 Schüsse auf sein Tor ab
- In seinen ersten 20 NHL-Spielen als Startgoalie holt er 16 Siege. Dabei feiert Binnington 5 Shutouts. In den US-Medien wird er fortan auch «Winnington» (von «winning», auf Deutsch «gewinnen») genannt.
- Mit Binnington im Tor klettern die St. Louis Blues in der Regular Season in der Central Division vom letzten Platz noch auf einen Playoff-Rang.
Damit nicht genug. In den Playoffs setzte der damalige Blues-Coach Craig Berube in sämtlichen Partien auf Binnington – es zahlte sich aus, St. Louis stiess bis in den Stanley-Cup-Final vor. Dort legte der Schlussmann aus Ontario dann seine endgültige Reifeprüfung ab.
Im alles entscheidenden Spiel 7 gegen Boston liess Binnington die Bruins verzweifeln, parierte 32 der 33 gegnerischen Abschlüsse und schrieb damit sein ganz persönliches Märchen zu Ende. Vom No-Name zum Stanley-Cup-Champion innert gut einem halben Jahr.
Bei WM: 6 Spiele, 6 Siege, aber ...
Seither ist Binnington in der NHL eine feste Grösse. Sein steiler Aufstieg brachte ihn auch finanziell in andere Sphären. Nach dem Stanley-Cup-Triumph unterschrieb der Kanadier einen 2-Jahres-Vertrag für knapp 9 Millionen US-Dollar, im Frühjahr 2021 verlängerte Binnington für weitere 6 Jahre und insgesamt 36 Millionen US-Dollar.
An seine Leistungen aus der märchenhaften Rookie-Saison kam Binnington in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr ganz heran. Auch bei seiner WM-Premiere in Tschechien konnte der mittlerweile 30-Jährige noch nicht restlos überzeugen. Bisher kam Binnington in 6 der 8 Partien von Kanada in Prag zum Einsatz. Seine Fangquote von 86,96 Prozent ist zwar überschaubar. Und doch hat sein Team alle diese Spiele gewonnen.
Es wäre deshalb eine grosse Überraschung, sollte Binnington nicht auch am Samstag im Halbfinal gegen die Nati im kanadischen Tor stehen. Aus Schweizer Sicht ist zu hoffen, dass seine Siegesserie dann ein Ende findet.