Anders als in den meisten Jahren zuvor steigt die Schweiz heuer nicht als Herausforderer, sondern als Favorit in den WM-Viertelfinal. Nach dem Gezeigten in der Vorrunde muss man klar sagen: Ein Scheitern der Nati gegen diese US-Amerikaner wäre ein herber Dämpfer. Allein das zeigt, wie stark die Ansprüche der Schweizer gestiegen sind – das gilt gleichermassen für Supporter wie für die Spieler und den gesamten Staff.
Erreicht die Nati am Donnerstagabend in Helsinki aber wieder ihr Level aus der Gruppenphase, gibt es viele Gründe, optimistisch zu sein. Wir haben 4 davon herausgepickt.
1. Grössere Erfahrung
Wie bei Weltmeisterschaften fast schon üblich, finden sich im Team der USA diverse junge Talente, die sich in Übersee erst noch beweisen müssen. Insgesamt bringen es die aktuellen US-Spieler auf bloss 137 WM-Spiele.
Bei den Schweizern sieht das komplett anders aus. Nur 5 der 25 Akteure im Schweizer Kader (Tristan Scherwey ist mittlerweile verletzungsbedingt abgereist) bestreiten in Finnland ihre ersten WM-Titelkämpfe. In der Summe bringen die Schützlinge von Trainer Patrick Fischer die Erfahrung von vollen 554 WM-Partien mit. Allein Rekordspieler Andres Ambühl weist 122 WM-Einsätze auf.
Zudem sei erwähnt, dass der Stellenwert einer Eishockey-WM in der Schweiz bedeutend grösser ist als in den USA, wo der Fokus klar auf den NHL-Playoffs liegt. Wenn es darum geht, wer den Sieg mehr will, sollte ebenfalls die Schweiz Vorteile haben.
2. Special Teams
Wie immer in K.o.-Partien könnten die Special Teams das Zünglein an der Waage spielen. Und da zeigte sich die Schweiz im bisherigen Turnierverlauf deutlich stärker als die USA. Mit 8 Treffern aus 22 Überzahl-Situationen (36,36%) weist die Nati das beste Powerplay aller 16 WM-Teilnehmer auf. Bei den US-Amerikanern hingegen funktionierte das Überzahl-Spiel bisher alles andere als optimal. Einzig die ausgeschiedenen Franzosen (12,5%) und Absteiger Grossbritannien (11,11%) haben eine noch tiefere Erfolgsquote als die USA (19,23%).
Entscheidend besser stehen die Nordamerikaner in Sachen Boxplay da. In numerischer Unterlegenheit kassierte die USA in den bisherigen 7 Spielen nur 4 Gegentore und kommt auf eine gute Penalty-Killing-Quote von 85,19 Prozent. Für die Schweiz wird es also keine einfache Aufgabe, im Powerplay zum Erfolg zu kommen. Gleiches gilt aber auch für die US-Amerikaner, denn die Nati weist gar eine noch besserer Unterzahl-Quote auf (92,31%).
3. Geteilte Verantwortung
Fischer setzte im bisherigen Turnierverlauf immer auf mindestens 7 Verteidiger und verteilte die Verantwortung so auf viele verschiedene Schultern. Kein Schweizer Spieler stand in einer Partie mehr als 25 Minuten auf dem Eis. Das sieht bei den US-Amerikanern anders aus.
Seth Jones, Philipp Kurashevs Teamkollege bei den Chicago Blackhawks, wurde in 2 Spielen über 30 Minuten lang eingesetzt. Beim 3:2 n.V. der USA gegen Schweden standen beim Verteidiger 34:37 Minuten Eiszeit zu Buche. Nate Schmidt, der Verteidiger mit der zweitmeisten Eiszeit in jener Partie, kam auf 8 Minuten weniger. US-Coach David Quinn agierte in den letzten 3 Gruppenspielen mit nur 5 Verteidigern.
4. «Heimvorteil»
Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass die Schweiz den spielfreien Tag am Mittwoch nicht mit Reisen verbringen musste. Dank der makellosen Vorrunde mit 7 Siegen aus 7 Spielen und Gruppenplatz 1 darf die Nati auch ihren Viertelfinal in Helsinki bestreiten. Die USA mussten sich als Viertplatzierte ihrer Vorrunden-Gruppe von Tampere in die Hauptstadt Finnlands verschieben. Das heisst auch: neue Kabine, neues Eis, neue Atmosphäre.