Das Epizentrum des Schweizer Fussballs heisst aktuell Genf. Tabellenführer Super League: Servette. Tabellenführer Challenge League: Etoile Carouge. Zumindest bei Letzterem ist dies eine handfeste Überraschung. Erst auf diese Saison hin ist der kleinere Bruder Servettes in die zweithöchste Liga der Schweiz aufgestiegen. Der Marktwert ist laut transfermarkt.ch der niedrigste der gesamten Challenge League.
Ein Mann findet den aktuellen Höhenflug gar nicht so überraschend. «Wenn ein Kader lange zusammenbleibt, entsteht immer etwas», sagt Johan Djourou. Der frühere Nati-Spieler hat seine Karriere in Carouge lanciert. Beinahe hätte er auf den letzten Metern seiner Karriere auch noch das Trikot des Fanionteams übergezogen. Doch er beschloss dann, seine Laufbahn in Dänemark ausklingen zu lassen.
Das Zauberwort in der beschaulichen Genfer Gemeinde lautet, wie von Djourou angerissen, Kontinuität. Das Aufstiegsteam blieb im Kern weitgehend zusammen. Trainer Adrian Ursea, einst Assistent von Lucien Favre bei Nizza, erklärt: «In der Vergangenheit war Carouge für einen schönen Stil bekannt. Jetzt wollen wir über möglichst viel Ballbesitz immer dominieren.»
Rüfli und die Jungen
Zudem setzt man auf junge Spieler, nur ein Akteur im Kader ist älter als 30 Jahre: der unverwüstliche Vincent Rüfli (36). Djourou traut Etoile gar den Aufstieg in die Super League zu. «Sie haben die Qualität und die Mentalität. Für mich ist es spielerisch das beste Team der Challenge League.» Handlungsbedarf gäbe es allerspätestens in diesem Fall im strukturellen Bereich. Fünf Carouge-Spieler, darunter Captain Aurélien Chappuis, gehen neben dem Fussball einer Arbeit nach.
Seit 1997/98 hat der 120 Jahre alte Klub mit dem Stern im Wappen nicht mehr im Schweizer Oberhaus gespielt. Denkbar, dass diese Durststrecke bald ihr Ende findet. Djourou hätte seine helle Freude, wieder einmal ein solches Genfer Derby auf höchster Ebene zu erleben. Carouge würde dann wohl alles daran setzen, für ein Erdbeben zu sorgen – im aktuellen Epizentrum des Schweizer Fussballs.