Mit 24 Jahren hat Vasilije Janjicic mehr erlebt als manch anderer Fussballer in seiner gesamten Karriere. «Auf der einen Seite bin ich froh, dass ich bereits so viele Erfahrungen sammeln konnte. Auf der anderen Seite wäre es vielleicht auch besser gewesen, wenn alles etwas langsamer abgelaufen wäre», blickt er heute zurück. Aber der Reihe nach.
Der ehemalige FCZ-Junior erhält mit 17 Jahren ein Angebot vom Traditionsklub Hamburg. Der damalige HSV-Präsident Dietmar Beiersdorfer höchstpersönlich fliegt nach Zürich und umwirbt den Jüngling. «Es war schwierig damals, Nein zu sagen», so Janjicic. «Aber vielleicht war es etwas zu früh, schon so jung nach Hamburg zu wechseln.»
Ich habe keinen einzigen Artikel dazu gelesen. Auch mit den gerichtlichen Angelegenheiten hatte ich nichts zu tun.
Beim FC Zürich noch eine Tormaschine im Sturm, wird Janjicic im Norden Deutschlands zum Sechser umfunktioniert und schafft im Sommer 2017 den Sprung in die 1. Mannschaft. Er bleibt vorerst Ergänzungsspieler, kann aber immer wieder etwas Bundesligaluft schnuppern.
Mentale Probleme nach verpasstem Aufstieg
Im Februar 2018 folgt der erste grosse Knall: Janjicic verursacht betrunken einen Autounfall, obwohl er noch nicht einmal den Führerschein hat. Mit «jugendlichem Leichtsinn» beschreibt er es heute. Nach dem Vorfall schirmt er sich zu seinem eigenen Schutz ab: «Ich habe keinen einzigen Artikel dazu gelesen. Auch mit den gerichtlichen Angelegenheiten hatte ich nichts zu tun.» Der Klub und die Spieler hätten damals hinter ihm gestanden. «Dafür bin ich sehr dankbar.»
Im Sommer steigt der stolze HSV, der Bundesliga-Dino, erstmals ab aus der höchsten deutschen Liga. Janjicic mausert sich in der 2. Bundesliga zum Stammspieler. Nach einer starken Saison wird der Wiederaufstieg aber verpasst. «Wir hätten es verdient gehabt. Es ist mir heute unerklärlich, wie wir es noch verspielen konnten», sagt Janjicic. «Das ging mir nahe, da hatte ich auch mentale Probleme.»
Ich will wieder in einer der 5 Topligen Europas spielen.
Im August 2019 kehrt der mittlerweile 20-Jährige zum FCZ zurück. Und da ereilt ihn ein Jahr später ein Schicksalsschlag: Krebsdiagnose. «Mein erster Gedanke damals galt nicht dem Fussball oder meiner Gesundheit. Ich dachte nur: Wie soll ich das jetzt meinen Eltern erzählen, damit es nicht so schlimm tönt?» Janjicic muss sich zwei Operationen unterziehen und besiegt die Krankheit. Trotzdem: «Es war eine schwere Zeit.»
Leistung dank Vertrauen
Nach einem kurzen Abstecher nach Slowenien zu NK Celje spielt Janjicic seit diesem Sommer beim FC Thun in der Challenge League. Und das äusserst erfolgreich: Er ist Stammspieler im defensiven Mittelfeld und steht mit den Berner Oberländern an der Tabellenspitze. Zuletzt gelang im Spitzenspiel in Wil ein 3:0. «Die Mannschaft und der Trainer geben mir das Vertrauen. Dann folgen die guten Leistungen automatisch», erklärt er.
Seine Ziele sind klar: «Erstmal will ich eine gute Saison mit Thun spielen und aufsteigen. Und dann wenn möglich irgendwann wieder in einer der 5 Topligen Europas spielen.»