Wenn am Dienstag Chelsea im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League auf Borussia Dortmund trifft (Hinspiel 0:1), steht nicht nur der Sport im Vordergrund. Schon seit längerem befeuert Chelsea mit Besitzer Todd Boehly die Debatte um irrsinnige Summen im Fussball. Aktuell der Auslöser ist die Transferoffensive der Londoner in dieser Saison.
600 Millionen Euro für Transfers
Der Klub an der Stamford Bridge hat über 600 Millionen Euro für Spielertransfers ausgegeben. Zuvor lag dieser Saisonrekord bei knapp 400 Millionen Euro und wurde von Barcelona gehalten. Unter den Zuzügen von Chelsea waren Spieler wie Weltmeister Enzo Fernandez (120 Mio.), Michailo Mudryk (80 Mio.) und Wesley Fofana (65 Mio.).
Der Aufschrei in der Presse und in den sozialen Medien war enorm. Auch beim CL-Gegner BVB reagierte man: «Geld spielt dort keine Rolle», so Sportdirektor Sebastian Kehl etwas resigniert. Dortmund-Boss Hans-Joachim Watzke macht dafür Kulturunterschiede verantwortlich: «Wir gehen in Deutschland unseren eigenen Weg. Wir haben die meisten Zuschauer, bei uns fallen die meisten Tore, wir haben eine demokratische Kultur in den Ligen und die niedrigsten Eintrittspreise.»
Wie ist der Geldregen überhaupt möglich?
Um die kulturellen Unterschiede so gut wie möglich auszugleichen, hat die Uefa schon mehrfach diverse Einschränkungen eingeführt. Die neueste davon: die «Regelung der finanziellen Nachhaltigkeit». Sie trat im letzten Juni in Kraft und löste die oft kritisierte «Financial-Fairplay-Regelung» ab. Das neue Modell kommt in einem 3-Stufen-Plan daher:
- Ab 2025 dürfen die Teams nur noch 70 Prozent ihrer Einnahmen für Kaderkosten verwenden (2023 noch 90% und 2024 noch 80%). Das schliesst alle Transfers, Löhne und Spielerberaterkosten ein.
- Sollte ein Klub dennoch mal mehr ausgeben als einnehmen, kann dies vom Eigentümer innert drei Jahren ausgeglichen werden – allerdings nur bis 60 Millionen, grösser darf die Lücke nicht sein. Noch offen ist hingegen, wie weitere Lohnbestandteile geregelt werden.
- 4 Mal jährlich müssen die Klubs ihre Finanzen bei der Uefa zur besseren Kontrolle einreichen.
Chelsea hat sich nun eines Schlupflochs bedient: Den neuen Spielern wurden Verträge mit enormen Laufzeiten gegeben (Fernandez und Mudryk bis 2031, Fofana bis 2029). Dadurch können die Transferkosten auf mehrere Jahre aufgeteilt werden. Durch diesen Trick hat Chelsea mehr Spielraum in den einzelnen Jahresbudgets geschaffen.
Regelung immer noch unfair
Finanzschwächere Klubs halten die Uefa-Vorgaben für nicht ausreichend und befürchten, weiterhin die Rolle von «Ausbildungsschmieden» übernehmen zu müssen.
Die kleinen Klubs sowie Uefa-Chef Aleksander Ceferin hatten sich für eine Lohnobergrenze ausgesprochen, um den Transfermarkt ausgeglichener zu gestalten – dies wurde in der «finanziellen Nachhaltigkeitsregel» aber nicht berücksichtigt.
Auf Einnahmen angewiesen
Dass die Londoner die Regeln hier zu ihren Gunsten biegen, ist klar. Dennoch müssen die «Blues» das bereits ausgegebene Geld in den nächsten Jahren wieder reinholen – in der aktuellen Verfassung gestaltet sich das aber eher schwierig.
Das Star-Ensemble dümpelt in der Premier League nur im Tabellenmittelfeld herum: Gegen Leeds gab es zum ersten Mal in diesem Jahr einen Vollerfolg, die Europacup-Teilnahme 2023/24 ist stark gefährdet, es drohen finanzielle Konsequenzen. Im FA-Cup und im Ligapokal ist man bereits ausgeschieden – nun bald auch in der Champions League?