Nach langer Verletzungspause stand Loris Benito am 14. September im Cup gegen Vevey (4:2) erstmals seit dem 3. Februar wieder für die A-Mannschaft der Young Boys auf dem Platz. Offenbar gerade rechtzeitig für ein besonderes Highlight. Schliesslich trifft YB am Dienstag auf den grossen FC Barcelona. Jene Mannschaft, die Benitos Liebe zum Fussball geweckt hat.
Als Sohn spanischer Eltern war er der LaLiga schon immer nahe. Bei Barcelona begeisterte ihn vor allem der Brasilianer Rivaldo, der von 1997 bis 2002 für die Katalanen spielte und Benitos grosses Kindheitsidol wurde.
Deshalb sei dieses Spiel etwas ganz Besonderes für ihn, und er freue sich, wieder fit zu sein, sagte Benito damals. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht hatte wissen können: Am vergangenen Samstag zog er sich bei der 0:1-Niederlage gegen GC eine Muskelverletzung im linken Oberschenkel zu. Am Sonntag teilte YB mit, dass Benito die Reise nach Spanien nicht antreten könne. Es ist die nächste bittere Enttäuschung.
Japanische Einstellung verinnerlicht
Um die mentale Verfassung des Verteidigers muss man sich aber keine Sorgen machen. Denn Benito hat im Laufe seiner Karriere gelernt zu akzeptieren. So auch im Februar, als er im Spiel gegen Lausanne sofort merkte, dass sein Kreuzband gerissen war. Damit verpasste er nicht nur den Rest der Saison bei YB, sondern auch die Chance, mit der Schweiz an die EM zu fahren. Statt in Selbstmitleid zu versinken, sagte er sich nach der Diagnose: «Das ist Tag 1 meiner Rückkehr.»
Was ihm über die Enttäuschung hinweggeholfen hat, hat sich Benito inzwischen auf den Oberarm tätowieren lassen: Ukeireru. Ukeireru ist eine japanische Kunst der Akzeptanz, bei der es darum geht, die äusseren Umstände so zu akzeptieren, wie sie sind. «Um mit einer Situation umgehen zu können, ist es wichtig, sie erst einmal zu akzeptieren», erklärt Benito.
Eine Einstellung, die Benito im Laufe der Jahre lernen konnte und musste. Denn mit Rückschlägen kennt sich der Aarauer aus. Bereits 2016 riss ein Kreuzband und er fiel fast ein Jahr aus. Kurz nach seinem Comeback brach er sich den Mittelfuss und musste erneut pausieren. Oder 2021, als er seinen Vertrag bei Bordeaux auflöste, aber keinen neuen Verein fand und ein halbes Jahr arbeitslos war. Er habe gelernt, solche schwierigen Phasen «als Geschenk» anzunehmen. «Fussball bestimmt mein Leben, aber Fussball ist nicht alles in meinem Leben.»
Ruhe im Fussball-Business
Mit der japanischen Kultur setzt sich Benito auseinander, seit er 2014 zum ersten Mal ins Ausland wechselte (Benfica Lissabon) und plötzlich auf sich allein gestellt war. In Lebensphilosophien wie Ukeireru findet er die nötige Ruhe und Gelassenheit im sonst so turbulenten Fussballerleben.
Auch dank dieser Ausgeglichenheit ist er ein wichtiger und verlässlicher Leader bei den Bernern, die ihren Abwehrchef in der schwierigen Anfangsphase der Saison schmerzlich vermisst hatten. Und die ihn auch am Dienstag in Barcelona vermissen dürften.
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