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Mehr als ein (Chaos-)Klub? Wie Barças Super-Talente aus den finanziellen Trümmern spriessen

YB-Gegner Barcelona lebt auf Pump. Die angespannte Finanzlage eröffnet den Eigengewächsen traumhafte Perspektiven.

Pau Victor, Gerard Martin, Lamine Yamal und Alejandro Balde lachen im Training
Legende: Jung und voller Tatendrang Pau Victor, Gerard Martin, Lamine Yamal und Alejandro Baldé. Keystone/EPA/EFE/Enric Fontcuberta

Die Generation um Lionel Messi, Xavi, Andres Iniesta und Carles Puyol prägte den internationalen Fussball zwischen 2008 und 2013 mit ihrem unnachahmlichen Kurzpassspiel. In den Folgejahren fokussierte sich die Klubpolitik von Barcelona jedoch nicht mehr primär auf den eigenen Nachwuchs sondern auf Mega-Transfers. Neymar, Luis Suarez, Philippe Coutinho oder Ousmane Dembélé wechselten in die Metropole am Mittelmeer.

Nun erlebt die sagenumwobene Talentschmiede «La Masia» gerade eine Renaissance. Allen voran der 17-jährige Lamine Yamal entzückt weltweit die Fussball-Fans. In ihm scheinen die Katalanen so etwas wie einen Nachfolger von Messi gefunden zu haben.

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Alle wichtigen Szenen aus Barcelona – YB und sämtliche Tore aller weiteren CL-Partien sehen Sie im Rahmen von Champions League – Highlights am Dienstag ab 23 Uhr auf SRF zwei. Online wird kurz nach Spielschluss eine Zusammenfassung zu sehen sein.

Barça ist nicht nur Lamine Yamal

Doch der FC Barcelona Ausgabe 2024/25 ist bei weitem nicht nur Lamine Yamal. Da gäbe es das Abwehr-Talent Pau Cubarsi (17) und den torgefährlichen Olympiasieger Fermin Lopez (21). Mit Gavi (20) und Pedri (21) figurieren zwei weitere junge Spanier im Kader, deren Marktwert gegen 100 Millionen Euro tendiert. Ganz nebenbei hat man die verlorenen Söhne Dani Olmo (26) und Ansu Fati (21, war an Brighton ausgeliehen) zurückgeholt.

Der Fussball-Fan kommt kaum mehr nach. Gefühlt jede Woche taucht ein neuer Youngster im Trikot der «Blaugrana» auf. Coach Hansi Flick beorderte am letzten Samstag bei der 2:4-Pleite gegen Osasuna mit Sergi Dominguez (19), Pau Victor und Gerard Martin (beide 22) drei junge Katalanen in die Startelf. Die Eigengewächse Hector Fort (18) und Marc Casado (21) wurden eingewechselt. Und weil Marc-André ter Stegen lange ausfällt, hütete Iñaki Peña das Tor. Auch der 25-Jährige stammt selbstredend aus der Barça-Jugend.

Schuldenberg als Chance für die Talente

Die Gründe für die Flut an Einheimischen auf dem Matchblatt sind vielfältig. Einerseits ist deren fussballerische Qualität sehr hoch. Andererseits sind ihre Einsätze auch den Verletzungen von ausländischen Leistungsträgern (Ter Stegen, Andreas Christensen, Frenkie De Jong) geschuldet.

Viel entscheidender ist aber der finanzielle Druck, unter dem Barça steht. Ex-Präsident Josep Bartomeu hat einen Scherbenhaufen hinterlassen. Die Schulden des 5-fachen Champions-League-Siegers belaufen sich auf geschätzte 1,35 Milliarden Euro. Dennoch war der Klub in den letzten Jahren sehr aktiv auf dem Transfermarkt.

Wie Barça seine Zukunft verkauft

Als Julian Nagelsmann noch Trainer von Bayern München war, wunderte er sich: «Der einzige Klub der Welt, der kein Geld hat, aber dennoch alle Spieler kauft, die er will. Ich weiss nicht, wie sie das machen.» Das spanische Zauberwort für die Geschäftspraxis der letzten Jahre heisst «palancas». Vermögenswerte des Klubs werden zwecks Geldbeschaffung veräussert, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken und die Bilanz ausgeglichen zu gestalten. Das Problem liegt auf der Hand: Künftige Gewinne fliessen an die Kreditgeber.

So wurden TV-Rechte verkauft oder das Namensrecht des sich im Bau befindlichen Camp Nou an Spotify abgetreten. Ein Sponsor-Deal mit dem Musikgiganten bringt dem Klub 70 Millionen Euro jährlich ein. Jüngst wurde um den bis 2028 laufenden Trikot-Vertrag mit Ausrüster Nike gefeilscht. Ein angebliches 200-Millionen-Angebot für Shooting-Star Yamal jedoch abgelehnt. Denn letztlich weiss auch der umtriebige Barça-Präsident Joan Laporta, dass das sportliche Abschneiden massgebend für die Zukunft des Klubs ist.

Die Posse um Dani Olmo

Da die spanische LaLiga konsequent auf die Einhaltung der strengen Financial-Fairplay-Regeln achtet, kommt es immer wieder zu grotesken Episoden. So war Neuzugang Olmo, immerhin ein aktueller Europameister, erst ab der 3. Runde spielberechtigt. Der Wunsch-Transfer von Nico Williams war aufgrund der prekären Lage schnell vom Tisch. Die ganz grossen Fische wie Jude Bellingham oder Kylian Mbappé schnappte sich zuletzt Erzrivale Real Madrid. 

So kommt es, dass Barça aus der Not eine Tugend macht und wieder auf das einzigartige Kapital setzt, das es einst ausgezeichnet hat: den eigenen Nachwuchs.

Radio SRF 1, 01.10. 2024, 06:20 Uhr ; 

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