Er macht sich gross, vollführt schnelle Ausfallschritte auf der Stelle, links-rechts, links-rechts. Dann rudern die Arme, am Ende ein Sprung. Was wie die Schilderung einer neuen Tanz-Challenge in den sozialen Medien anmutet, betrifft die entscheidende Phase eines Fussballspiels, genauer: das Penaltyschiessen im Rückspiel des Conference-League-Achtelfinals. Und er, der diese erratischen Bewegungen darbietet, heisst Marwin Hitz, seines Zeichens Torhüter des FC Basel.
Tatsächlich – beim ersten anlaufenden Schützen von Gegner Slovan Bratislava trägt die Irritation Früchte. Hitz errät beim schwach geschossenen Versuch die Seite und pariert. Das Geschehen wiederholt sich beim zweiten Versuch. Basel legt mit 2:0 im Elfmeterschiessen vor und gibt diesen Vorteil in der Folge nicht mehr her.
Im Interview dankt der Matchwinner anschliessend seinem Goalietrainer Gabriel Wüthrich. Während sich die Basler Schützen ausnahmsweise nicht spezifisch auf die Kurzentscheidung vorbereitet hätten, habe er viel Zeit investiert: «Ich habe viel mit dem Goalietrainer gesprochen, er hat mir sehr gute Analysen der Schützen vorbereitet.»
Bemerkenswert ist auch, dass beim Gegner ein spezieller Kniff völlig fruchtlos bleibt: Die Slowaken ersetzen nur fürs Penaltyschiessen Goalie Adrian Chovan durch dessen Backup Martin Trnovskiy. Dieser pariert keinen einzigen der Basler Versuche.
Wieso bleibt der stehen? Ich hab' doch noch nie in die Mitte geschossen!
Es ist nicht das erste Kapitel in Hitz' besonderer Penalty-Geschichte. Bereits Ende Februar hielt er gegen Trabzonspors Anastasios Bakasetas. In der Super League brachte er im Januar Lukas Görtler (gegen den er bereits knapp 4 Monate zuvor Sieger geblieben war) zur Verzweiflung. In der 87. Minute liess sich Hitz vom Punkt aus nicht bezwingen, er blieb einfach stehen. Görtler meinte anschliessend fassungslos: «Wieso bleibt der stehen? Ich hab' doch noch nie in die Mitte geschossen!»
In der Bundesliga: Schlitzohrig oder unfair?
Die Bundesliga kennt diese Stärke von Hitz ebenfalls, wenngleich sein bekanntestes Stück in Deutschland durchaus für Kontroversen sorgte. So malträtierte der heute 35-Jährige vor gut 7 Jahren den Penaltypunkt mit seinen Stollenschuhen derart, dass der ausführende Anthony Modeste beim Schuss ausglitt. Hitz' Augsburg bejubelte schliesslich einen 1:0-Sieg über Köln. Der Torhüter avancierte je nach Lesart zum unfairsten Akteur oder zum Schlitzohr der Runde.
Hitz' Quote von 20 Prozent gehaltener Strafstösse aus dem Spiel heraus ist eigentlich nur mässig. So wurde etwa an der WM in Katar fast jeder dritte Penalty gehalten. Doch wenn es wirklich wichtig ist, wächst der 1,95-Meter-Mann über sich hinaus. Dann wird gefuchtelt, gerudert, gesprungen – und anschliessend regelmässig gejubelt.