Israel ist nach dem terroristischen Angriff der Hamas vor fünf Wochen im Ausnahmezustand. Zumindest im Fussball ist zuletzt aber wieder etwas Normalität eingekehrt.
Während die heimische Meisterschaft weiterhin pausieren muss, haben die in der Europa respektive Conference League engagierten Klubs Maccabi Haifa und Maccabi Tel Aviv den Spielbetrieb letzte Woche wieder aufgenommen und ihre Heimspiele unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auf neutralem Terrain ausgetragen.
Erstes Spiel seit Kriegsausbruch verloren
Auch Israels Nationalteam ist seit Sonntag wieder aktiv. Gegen den Kosovo verlor das Team in der EM-Quali 0:1, 3 weitere Spiele in 10 ereignisreichen Tagen folgen. Als nächstes dasjenige gegen die Schweiz am Mittwoch im ungarischen Exil, das im Oktober wie das Kosovo-Spiel hatte verschoben werden müssen.
«Es ist das erste Mal, dass die Nationalmannschaft während eines Krieges spielt. Die Emotionen werden sehr stark sein», kündigte der israelische Fussball-Journalist Roy Jankelowitz am Wochenende im SRF-Interview an. Die Partie in Pristina gab ihm Recht.
Während der Hymne, die von Pfiffen und Buhrufen von der Tribüne begleitet wurde, formten Israels Spieler mit den Händen ein halbes Herz. Ein gebrochenes Herz. Tränen flossen. Einen Tag vor dem Spiel hatten Captain Eli Dasa und Trainer Alon Hazan militärische Erkennungsmarken um den Hals getragen. «Unsere Herzen sind in Gaza gefangen», lautete der Aufdruck.
30 Geheimdienstler als Begleitschutz
Die Bedingungen, denen die israelische Nati momentan ausgesetzt ist als «erschwert» zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Vor der Abreise in den Kosovo musste der Bus auf dem Weg zum Flughafen wegen eines Raketenalarms stoppen, die Spieler am Strassenrand Schutz suchen.
Mehr als 30 Geheimdienstmitarbeiter begleiteten das Team, das das stark bewachte Hotel nur für das Spiel verlassen durfte.
EM-Teilnahme wäre Premiere
Auch nach der knappen Niederlage besitzt Israel weiter Chancen, die direkte Qualifikation für die EM-Endrunde in Deutschland nächstes Jahr zu schaffen – es wäre eine Premiere.
Ich glaube, der Fussball kommt zur richtigen Zeit.
Sollte der Coup ausgerechnet in diesen schwierigen Zeiten gelingen, «würde das für immer in Erinnerung bleiben. Die Situation ist in dieser Form einmalig», sagt Journalist Jankelowitz. Das Team könne einigende Kraft im Land entwickeln und den Menschen zumindest kurzzeitig etwas Halt im harten Alltag geben. «Ich glaube, der Fussball kommt zur richtigen Zeit.»
8 Spieler «zu viel» im Kader
Um der grossen Belastung standzuhalten, hat Trainer Hazan 31 Spieler aufgeboten – 8 mehr, als aufs Matchblatt passen. Denjenigen, die in Israel engagiert sind, fehle aber die Spielpraxis, erklärt Jankelowitz. «Sie konnten nur trainieren. Das kann die Matchfitness nicht ersetzen.»
In Felcsut habe das Team gegen die Schweiz indes durchaus Aussenseiterchancen, so der Experte. «Wir haben die Schweiz beim 3:3 gegen Belarus gesehen.» Ein Unentschieden hält Jankelowitz ebenfalls für möglich. Auch mit der Unterstützung von rund 2000 Zuschauenden aus der jüdischen Community, welche im Kleinstadion in der Nähe von Budapest erwartet werden.