Der Aufstieg der spanischen Fussballerinnen ist bemerkenswert: Bei der erst 3. WM-Teilnahme erreichten sie bereits den Final. Nach einem Vorrunden-Aus 2015 und einer Achtelfinal-Niederlage 2019 gegen die späteren Weltmeisterinnen stürmten die Ibererinnen in Australien und Neuseeland mit spektakulären 17 Toren ins Endspiel.
Dort wartet mit England ein Team, gegen das sie eine Rechnung offen haben. An der EM 2022 kassierte «La Roja» im Viertelfinal gegen die späteren Europameisterinnen eine 1:2-Niederlage nach Verlängerung – nachdem sie bis zur 84. Minute 1:0 geführt hatten.
Hermoso strafte die Kritiker Lügen
Bei der EURO 2022 fehlte Rekordtorschützin Jennifer Hermoso aufgrund einer Knieverletzung. Nun können die Spanierinnen wieder auf ihre «Veteranin» zählen. Die mit 33 Jahren älteste Spielerin ist als Einzige in Spaniens Kader im Ausland tätig. Nachdem sie auf Klubstufe alles gewonnen hatte, was eine Fussballerin gewinnen kann – darunter ein Champions-League-Titel mit Barcelona und 6 spanische Meistertitel –, zog es sie 2022 zum dritten Mal in ihrer eindrücklichen Karriere ins Ausland.
Nach Stationen in Schweden bei Tyresö und Frankreich bei Top-Adresse Paris Saint-Germain unterzeichnete sie im Juni 2022 in Mexiko. Ihr Wechsel zu CF Pachuca Femenil kam nicht gut an, wie sie vor dem WM-Final in einem Interview mit der spanischen Zeitschrift Marca erzählte. «Als ich nach Mexiko ging, musste ich mir anhören: ‹Sie ist nach Mexiko gegangen, um sich zur Ruhe zu setzen›», erzählte Hermoso.
Körperlich befinde ich mich in einer meiner besten Phasen.
Doch sie bereut ihren Entscheid nicht: «Mexiko kam in mein Leben, um es zu verändern. Ich fühle mich so gut wie nie zuvor.» Das zeigt sie auch an der WM: In 6 Partien spielte sie ausser gegen die Schweiz, als sie nach 77 Minuten beim Stand von 5:1 geschont wurde, immer durch. «Körperlich befinde ich mich in einer meiner besten Phasen», sagt die Madrilenin. Mit 3 Toren ist sie in der spektakulären spanischen Offensive gemeinsam mit Aitana Bonmati und Alba Redondo die beste Schützin.
Hermoso ist zusammen mit Weltfussballerin Alexia Putellas – die nach einem Kreuzbandriss noch nicht an den Glanz früherer Tage herankommt – eine der Vorreiterinnen im spanischen Fussball. «La Roja» hat in der Heimat ein regelrechtes Fieber ausgelöst, überall werden für den Final Grossleinwände aufgestellt. Der berühmte Cibeles-Brunnen im Zentrum Madrids wird in der Nacht auf Sonntag mit den spanischen Farben Rot und Gelb angestrahlt.
Budget in 5 Jahren verneunfacht
Dass der Stern der spanischen Fussballerinnen «Down Under» aufgeht, kommt nicht unerwartet. Bei der U20 als auch in der U17 jubelten die Spanierinnen 2022 über den WM-Titel – für die U17 war es die Titelverteidigung. Im Interview mit der Zeitung Sport sagte Spaniens Verbandschef Luis Rubiales, dass der Erfolg von Hermoso, Putellas & Co. nicht von ungefähr komme: «Als ich vor fünf Jahren kam, wurden weniger als drei Millionen Euro für den Frauenfussball ausgegeben. Jetzt sind wir bei 27.»
Gleichwohl kann man die Leistung der Spanierinnen nicht hoch genug einschätzen. «Diese Mädchen hatten praktisch keine Rechte, als sie anfingen zu spielen. Man dachte noch, Fussball sei ein Männersport. Sie durchbrechen jetzt diese Betondecke und wir müssen ihnen danken. Sie sind alle ein Vorbild für die Gesellschaft», schwärmte Rubiales. Dies soll nun mit dem ersten WM-Stern gekrönt werden.