Vorneweg: Wenn die Schweiz am Samstagmorgen in Auckland auf Spanien trifft, steigt die Nati als Aussenseiterin in den WM-Achtelfinal. Die Spanierinnen sind individuell besser besetzt und gelten trotz der 0:4-Klatsche im letzten Gruppenspiel gegen Japan zum erweiterten Favoritenkreis auf den Titel.
Wenn die Ibererinnen ihr volles Potenzial abrufen, wird es für die Schweiz sehr schwierig. Gelingt es der Grings-Equipe jedoch, dies zu verhindern, sind die Chancen auf eine Überraschung durchaus intakt.
Keine eingeschworene Einheit
Die grösste Stärke von Spanien ist die individuelle Klasse. Trainer Jorge Vilda kann auf diverse Akteurinnen von Weltformat zurückgreifen. In Sachen Teamgefüge liegt bei der «Selección femenina» aber einiges im Argen – speziell seit September 2022 und dem Konflikt um «Las Quince» (Die Fünfzehn).
Damals unterzeichneten 15 Spielerinnen eine Email an den Verband, in der sie harsche Vorwürfe äusserten und ihren vorläufigen Rücktritt aus dem Nationalteam erklärten. Im Schreiben hiess es unter anderem, dass sie die derzeitige Situation unter Coach Vilda und seinem Staff «erheblich» in ihrem «emotionalen Zustand» und ihrer «Gesundheit» beeinträchtige. Eine Rückkehr schlossen die Rebellinnen bis zur Absetzung des Trainerteams aus.
Weil sich der Verband dezidiert auf die Seite von Vilda stellte und von den Vorwürfen nichts wissen wollte, verzichtete Spanien in der Folge auf «Las Quince». Erst wenige Wochen vor der WM kam es zu einer Aussprache, welche letztlich dazu führte, dass 3 der 15 Abtrünnigen – namentlich Aitana Bonmatí, Mariona Caldentey und Ona Battle – zum Nationalteam zurückkehrten.
Launisches Auftreten
Dass die grosse Mehrheit der Rebellinnen trotz der Annäherungsversuche des Verbands auf die Teilnahme am weltweit bedeutendsten Turnier verzichtete, zeigt, dass der Zwist noch lange nicht ausgestanden ist. Zudem berichten spanische Medien – ähnlich wie in früheren Jahren im Männer-Nationalteam – von Spannungen zwischen Spielerinnen von Real Madrid und Barcelona.
In Neuseeland zeigten die Spanierinnen bisher zwei Gesichter. In den ersten beiden Spielen gegen Costa Rica (3:0) und Sambia (5:0) brillierten die Ibererinnen mit unvergleichlicher Ballsicherheit und sehenswertem Kombinationsspiel. Gegen Japan fiel die «Selección femenina» nach dem 0:1 komplett auseinander. Ein einziger Gegentreffer genügte, um den Spanierinnen den Spielwitz zu nehmen. Eine Reaktion blieb aus, am Ende hiess es 0:4.
Herzstück Mittelfeld
Was ziehen wir für einen Schluss im Hinblick auf den Achtelfinal gegen die Schweiz? Nun, dem ersten Treffer dürfte eine noch grössere Bedeutung zukommen als ohnehin schon. Kann die Schweiz in Führung gehen oder zumindest die Null lange halten, wird das fragile Gebilde Spaniens hart auf die Probe gestellt. Legt der Favorit vor, könnte sich Spanien in einen Rausch spielen.
Die grösste Herausforderung der Nati wird sein, das dominante Mittelfeld der Spanierinnen bestmöglich einzuschränken. Speziell auf Denkerin und Lenkerin Bonmatí sowie auf Weltfussballerin Alexia Putellas gilt es ein besonderes Augenmerk zu legen.
Nach dem bisher Gezeigten ist zu erwarten, dass die Schweiz versuchen wird, defensiv möglichst wenig zuzulassen und offensiv Nadelstiche zu setzen. Die Frage ist vielmehr: Welches Gesicht zeigt Spanien?