Am Sonntag hätte Luis Enriques jüngste Tochter ihren 13. Geburtstag gefeiert. Doch Xana war Ende August 2019 an Osteosarkom, einem bösartigen Knochentumor, verstorben. An der Pressekonferenz nach dem 1:1 gegen Deutschland wurde der spanische Nationaltrainer von einem deutschen Journalisten auf Englisch darauf angesprochen. Luis Enrique nahm kurz Luft und begann dann zu sprechen:
Ich bevorzuge es, diese Frage auf Spanisch zu beantworten, da es um etwas Persönliches geht. Für mich und meine Familie war es zweifellos ein sehr spezieller Tag. Wir haben vor langer Zeit entschieden, dass wir versuchen wollen, mit einer gewissen Natürlichkeit damit umzugehen. Es ist klar, dass wir unsere Tochter nicht physisch bei uns haben, aber sie ist immer präsent bei uns. Wir erinnern uns an sie und stellen uns vor, wie sie auf Dinge reagieren würde, die wir in unserem Alltag erleben.
So ist das Leben. Es gibt nicht nur schöne Dinge und Glückseligkeit. Man muss auch versuchen, mit negativen Momenten umzugehen.
Bereits vor dem Kracher-Duell mit Deutschland in der Gruppe E hatte Luis Enrique Xana gedacht. Auf seinem Instagram-Profil postete der 52-Jährige ein Video von sich beim Radfahren in Katar, in dem er seine Tochter direkt anspricht: «Meine Liebste, wo auch immer du jetzt bist: Verbringe einen schönen Geburtstag. Wir lieben dich!»
Ein Mann, der polarisiert
Luis Enrique musste in der Heimat für seine Kader-Zusammenstellungen immer wieder Kritik einstecken. Weil er der spanischen Presse zuweilen auch vorwirft, Unwahrheiten zu verbreiten, um Polemik zu schüren, beschränkt sich der Nationalcoach zumindest während der WM auf die offiziellen und obligatorischen Medientermine.
Stattdessen wählte Luis Enrique seinen eigenen Weg, um ungefilterte Informationen an die Interessierten der Nationalmannschaft zu verbreiten. In unregelmässigen Abständen beantwortet der Coach der «Roja» auf der Streaming-Plattform «Twitch» diverse Fragen der Zuschauer, sowohl sportliche als auch private. Vor allem die offene Art und Weise, wie Luis Enrique mit dem Schicksalsschlag rund um seine Tochter umgeht, haben ihm in Spanien viele Sympathien eingebracht.
Die Mehrzahl steht wieder hinter der «Selección» und traut dem Team auch den ganz grossen Coup in Katar zu: «Der 2. Stern auf unserem Trikot soll den Namen Xana tragen», heisst es wiederholt in den Kommentaren unter Luis Enriques Videos.