In der Women’s Super League spielten in der abgelaufenen Saison 10 Teams. Davon wurden 6 von Männern trainiert, 2 von deutschen Trainerinnen. Nur 2 Klubs engagierten eine Schweizer Trainerin. Eine davon ist Danique Stein. Die ehemalige Nati-Spielerin und FCB-Captain gibt ihr Amt beim FC Basel aber nach nur einem Jahr wieder ab. Im Interview spricht die 31-Jährige über die Gründe dafür und wieso es für Schweizer Trainerinnen schwierig ist, sich im Frauenfussball zu etablieren.
SRF Sport: Danique Stein, Ihre Karriere verlief stets aufwärts. Sie spielten in der Bundesliga, waren Nati-Captain und zwischenzeitlich FCB-Rekordspielerin. Nachdem Sie Talent- und U19-Trainerin beim FC Basel waren, wurden Sie im vergangenen Sommer Coach des Super-League-Teams. Wie hat sich das angefühlt?
Danique Stein: Ich habe mich geschmeichelt gefühlt. Man hat mir gesagt, man wolle etwas aufbauen und dass man mich als Kandidatin sehe. Ich habe mir das gut überlegen müssen, weil ich wusste, wie gross einerseits die Verantwortung und andererseits der Zeitaufwand ist.
Nun folgt der Knick: Sie geben das Amt nach nur einem Jahr wieder ab. Was sind die Gründe?
Ich habe die Aufnahmeprüfung für das A-Diplom nicht bestanden. Wer hätte gedacht – ich selbst am wenigsten – dass ich diese Aufnahmeprüfung nicht bestehe? Das war eine Blutgrätsche. Das Problem sei die Videoanalyse gewesen. Bei der ist es so eine Sache, da gibt es sicherlich Interpretationsspielraum.
Heisst: Wenn Sie die Aufnahmeprüfung bestanden hätten, wären Sie auch kommende Saison FCB-Trainerin?
Dann hätte man mich eher überzeugen können, weil ich nach einem Jahr das Diplom im Sack gehabt hätte. So hätte ich voll auf die Karte Fussballtrainerin setzen können. Oder ich hätte mir danach eine Auszeit gegönnt und wäre komplett in eine andere Richtung gegangen. Später hätte ich den Anschluss ans Trainerbusiness wieder gefunden. Also ja, die Chance wäre sehr gross gewesen, dass ich jetzt noch FCB-Trainerin wäre. So aber hatte ich dieses innere Reissen nicht mehr. Ich hätte wieder zwischen meinem 60%-Job bei der Stiftung Nachwuchs-Campus und dem 40%-Pensum als Trainerin büffeln müssen. Ich war immer der Meinung, dass der Frauenfussball mich braucht, aber ich war nicht mehr oder noch nicht bereit, das alles nochmals durchmachen zu müssen.
Sportlich lief es sehr gut und viele Personen waren zufrieden mit Ihrer Arbeit. Remo Gaugler, Ihr Vorgesetzter, und die Spielerinnen standen hinter Ihnen. Es muss umso mehr weh tun, dieses Projekt wegen einem Diplom abzubrechen …
Sicherlich, ja. Aber es ist nicht nur das Diplom. Ich bin noch jung, habe auch andere Interessen. Es ist zwar sehr schade, aber ich habe das erste Mal in meinem Leben auf meine innere Stimme gehört. Man kann es auch so sehen: Ich höre nach einem Jahr auf und alle sind zufrieden. Trotz Dreifachbelastung, trotz meiner Unerfahrenheit, auch ohne A-Diplom. Das ist auch eine Message an den Schweizerischen Fussballverband (SFV). Aber am Ende des Tages mache ich es nicht, um jemanden zu verärgern. Es ist meine Entscheidung.
Ich suche den Fehler bei mir, aber ich habe Mühe mit dem schwarz-weissen Denken des SFV.
Fehlt Ihrer Meinung nach das Fingerspitzengefühl bei solchen Entscheiden?
Am Ende des Tages gehört diese Prüfung dazu. Und ich habe sie nicht bestanden. Ich suche den Fehler bei mir, aber ich habe Mühe mit dem schwarz-weissen Denken des SFV. Der Klub hat sich sehr für mich eingesetzt, er hätte sogar eine Kaution bezahlt, um mich im Frauenfussball halten zu können. Man hätte mir auch einen Mentor an die Seite gestellt. Der SFV blieb aber stur – so verliert man die Leute.
Ist das A-Diplom eine zu grosse Hürde, um als WSL-Trainerin tätig zu sein?
Wenn man sieht, wie viele Schweizer Trainerinnen das A-Diplom besitzen – ich glaube man kann sie an einer Hand abzählen – muss man sagen, dass die Hürde zu hoch ist. Würde der SFV dort lockern, könnte er Schweizer Trainerinnen fördern, was er ja will. Die Klubs wären nicht mehr gezwungen, Trainerinnen aus dem Ausland oder männliche Trainer zu engagieren. Auch eine Heranführung an die Aufnahmeprüfung des A-Diploms mit einem Mentor wäre eine Möglichkeit.
Grundsätzlich ist es mein Ziel, dass ich eines Tages dieses verflixte A-Diplom besitze.
Ein Gedankenspiel: Trainerin der U15 bei den Männern ist beim FCB eine Vollzeitstelle. Das würde Ihrem Problem doch Abhilfe schaffen. Haben Sie sich nie überlegt, in den Männerfussball zu wechseln?
Doch, der FCB hat mir auch angeboten, ein Männer-Juniorenteam zu übernehmen. Ich war aber immer der Meinung – und das hat mich auch gereizt –, dass es im Frauenfussball auch gute Leute braucht. Da gibt es so viel Potenzial und man kann noch mehr selbst bestimmen. Mittlerweile ist man im Frauen-Fussball auch schon weiter: Früher oder später kann der FCB die Trainerin des WSL-Teams Vollzeit anstellen. Ich könnte das aber momentan gar nicht annehmen. Solange ich nicht das A-Diplom habe, würde ich meinen Job bei der Stiftung Nachwuchs-Campus nicht aufgeben. Das ist mein Hauptarbeitgeber, meine Sicherheit.
Wie geht es nun weiter?
Ich stocke mein 60%-Pensum bei der Stiftung wieder auf. Remo Gaugler will auch nochmals mit mir reden, ich kann mir also vorstellen, dass ich doch noch 1 bis 2 Mal pro Woche auf dem Platz stehe. Zuerst möchte ich aber meine Ferien geniessen und alles ein wenig sacken lassen. Ich bin auch angemeldet für die Aufnahmeprüfung des A-Diploms im Oktober. Grundsätzlich ist es mein Ziel, dass ich eines Tages dieses verflixte A-Diplom besitze.
Das Gespräch führte Pascal Mäder.