90 Minuten sind im Dreisamstadion in Freiburg durch, als die Spielerin mit der Nummer 17 auf dem Rücken nach einem Einwurf an der Strafraumkante an den Ball kommt. Gekonnt lässt sie diesen zwischen den eigenen Beinen hindurch und nimmt so zwei Gegenspielerinnen aus dem Spiel. Aus 16 Metern zieht sie mit links ab und trifft wunderschön ins linke obere Toreck.
Die Szene, die sich Ende Januar im Heimspiel des SC Freiburg gegen Bayer Leverkusen ereignete, ist nicht nur der Schönheit des Tores wegen erwähnens- wie bemerkenswert. Sie ist es vor allem aufgrund der Vorgeschichte und des Leidensweges, den die Torschützin hinter sich hat.
Die Heim-EM als Ziel und Motivation
Zweimal reisst bei Svenja Fölmli in den vergangenen zweieinhalb Jahren das Kreuzband. Im Oktober 2022 ist das rechte Knie betroffen, im November 2023, nur vier Monate nach ihrem Comeback, das linke.
«Vom mentalen her war es nach dem zweiten Kreuzbandriss schwieriger, wieder auf den Platz zurückzukommen», sagt sie und schiebt die Erklärung gleich hinterher: «Aufgrund von Komplikationen – ich konnte das Bein nicht richtig durchstrecken – mussten wir einen zweiten operativen Eingriff vornehmen. Es hat ein bisschen länger gedauert, aber nun fühle ich mich wieder sicher.» Sie freue sich, wieder auf dem Platz zu stehen und sich nicht mehr im Reha-Rad zu drehen.
Die noch so junge Karriere zu beenden, war für die Luzernerin zu keinem Zeitpunkt eine Option. Zudem meint sie: «Mit der Heim-EM hatte ich zum Glück immer ein Ziel vor Augen, auf das ich hinarbeiten wollte.»
In Geduld geübt
Nach der langen Auszeit ist Geduld gefragt bei Fölmli: «Nach einer so langen Verletzungspause braucht es eine gewisse Zeit, bis das normale Niveau wieder erreicht ist.» Sie nennt es den «Post-Verletzungs-Faden», der sich auch dann noch weiterzieht, wenn die Verletzung überstanden ist und man bereits wieder auf dem Platz steht.
Vor allem die ersten Teamtrainings seien schwierig gewesen. «Ich wollte Sachen machen, aber es funktioniert noch nicht so, wie ich wollte. Ich musste lernen, Geduld zu haben.»
Bewährungsprobe gegen Frankreich
Trotzdem wurde Fölmli zum ersten Mal von Pia Sundhage für das Nationalteam aufgeboten. Mit ihrer Robustheit kann sie im Angriffsspiel der Schweizerinnen ein neues Element verkörpern, vorne auch mal Bälle «festmachen».
«Zu denken, ich würde an der Heim-EM eine grössere Rolle spielen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt falsch. Ich komme von zwei schweren Verletzungen zurück, habe nun ein halbes Jahr Zeit, mich zu zeigen. Es wäre für mich schon ein Erfolg, wenn ich überhaupt im Kader stehen würde», schlägt die eigentlich selbstbewusste Innerschweizerin leise Töne an.
Eine erste Empfehlung kann Fölmli bereits am Freitag abgeben. In der 3. Runde der Nations League trifft die Schweiz in St. Gallen auf Frankreich.