Ein Titeltraum muss platzen. Von Bayern? Oder Bayer? Die Gedanken von Münchens Trainer Vincent Kompany kreisen vor dem gefühlten Finale zwischen Rekordsieger Bayern und Titelverteidiger Leverkusen 172 Tage vor dem echten DFB-Pokalfinal in Berlin gar nicht so sehr um den immensen Druck im bislang bedeutendsten Fussballspiel der Saison.
Der 38-jährige Kompany muss bei der reizvollen Trainer-Kraftprobe mit dem 5 Jahre älteren Xabi Alonso vor allem eine Schlüsselfrage lösen: Er braucht ein Harry-Kane-Double. Problem: Im werthaltigen Spieler-Portfolio des FC Bayern gibt es genau das nicht. «Harry hat 20 Tore in dieser Saison gemacht, das kannst du nicht ersetzen. Deswegen ist er auch ein Topspieler», bemerkte Kompany zum verletzten Goalgetter, der rund 2 Wochen ausfällt.
Einen zweiten Harry Kane zu verpflichten, werden wir uns nicht leisten können.
100-Millionen-Euro-Mann Kane ist ein Unikat. Und Sportdirektor Christoph Freund winkte mit Blick auf die Winter-Transferperiode beim Kauf eines zweiten Top-Mittelstürmers ab. «Einen zweiten Harry Kane zu verpflichten, werden wir uns nicht leisten können. Das wäre auch für den Kader nicht gesund.»
Spielt Boniface nicht, trifft Schick
In Leverkusen ist das anders. Da kann Alonso den aktuell wie Kane mit einer Muskelverletzung ausfallenden Mittelstürmer Victor Boniface eins zu eins durch Patrik Schick ersetzen. Der Tscheche erzielte 6 Tore in den jüngsten 4 Pflichtspielen; eine Harry-Kane-Quote. «Es ist wichtig, so einen Stürmer zu haben», sagte Torwart Lukas Hradecky mit einem Seitenhieb Richtung München.
Bayern-Anführer Joshua Kimmich sieht beide Mannschaften «ganz gut drauf». Er sieht «ein Duell auf Augenhöhe» – trotz Münchner Heimvorteils. Kompany traut seinem Ensemble zu, den Verlust von Erfolgsgarant Kane, der sich beim 1:1 in Dortmund einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zuzog, im K.o.-Spiel mit offensiver Kreativität und als gieriges Kollektiv auffangen zu können.
Müller in der Pole Position
«Wir haben Spieler, die torgefährlich sind. Das hilft uns natürlich, diese Situation zu lösen. Wir haben viele Optionen», versicherte Kompany und nannte prompt eine lange Liste: «Thomas Müller, Mathys Tel, Serge Gnabry, Michael Olise, Leroy Sané.» Routinier Müller scheint dabei die erste Option zu sein, auch wenn der 35-jährige – in Dortmund eingewechselt für Kane – kein Erfolgsfaktor war.
Das Bayern-Spiel werde ohne Kane natürlich «anders aussehen», bemerkte Kompany. Vor allem nimmt nochmal die Last zu, die Jamal Musiala zu schultern hat – und das im direkten Leistungsvergleich mit seinem kongenialen DFB-Kollegen Florian Wirtz, der neben Schick Bayers grösster Offensivtrumpf ist.
Alonso gegen Bayern noch ungeschlagen
Der 21-jährige Musiala ist mit 10 Saisontoren immerhin ein halber Kane. «Jamal hat momentan ein richtiges Näschen», sagte Sportvorstand Max Eberl nach Musialas Kopfballtreffer zum 1:1 im Liga-Klassiker gegen Dortmund.
«Wir müssen immer weiter pushen», mahnte Musiala. Grosse Spiele sollen wieder Bayern-Spiele sein, nachdem sie in der letzten Saison eindeutig Bayer-Spiele waren. Alonso hat als Trainer mit Leverkusen allerdings noch nicht gegen Bayern verloren (2 Siege, 2 Remis). «Für uns läuft es sehr gut. Aber es gibt keine schwierigere Aufgabe, als in München zu spielen», sagte der Spanier.
