Das spanische Nationalteam durchläuft eine Krise. Angesichts der Tatsache, dass die Iberer soeben den Final der Nations League erreicht haben, mag das bizarr klingen. Doch die Probleme sind augenscheinlich. Das zeigte sich nicht zuletzt auch im Halbfinal gegen Italien.
Nur Rodri absolute Weltklasse
Die Zeiten, in denen Spanien seine Gegner mit perfektem Passspiel zermürbte, sind längst vorbei. Der Ballbesitz-Fussball wird in der «Seleccion» zwar weiterhin gelebt. Das Problem ist nur, dass die aktuellen Nationalspieler nicht mehr annähernd die Qualität eines Andres Iniesta, eines Xavi Hernandez oder eines Xabi Alonso haben.
War das spanische Nationalteam in der goldenen Ära mit zwei EM-Titeln und dem WM-Triumph zwischen 2008 und 2012 noch gespickt mit Weltklasse-Spielern, trifft dieses Prädikat in der Gegenwart nur auf Rodri zu. Der Klub-Kollege von Manuel Akanji bei Manchester City ist ein würdiger Nachfolger von Sergio Busquets auf der Sechser-Position. Um Rodri scharen sich bei den Spaniern immer noch gute bis sehr gute Akteure, jedoch keine mehr, die regelmässig den Unterschied machen könnten.
«Hattrick» in 15 Minuten als Joker
Besonders augenscheinlich ist diese Problematik in der Offensive. Alvaro Morata ist zweifelsohne ein verdienter Stürmer, der die gegnerische Abwehr ständig unter Stress stellt. Doch er ist kein Knipser, das hat sich gegen Italien einmal mehr gezeigt.
Während Morata gegen die «Squadra Azzurra» mehrere Torchancen liegen liess, benötigte sein Ersatz nur einen Versuch, um das Runde im Eckigen unterzubringen. Das 2:1-Siegtor war Joselus 3. Treffer im 3. Länderspiel. Bereits bei seinem Nationalmannschafts-Debüt im vergangenen März hatte der 33-Jährige in der EM-Quali gegen Norwegen getroffen, damals sogar doppelt. Für seine 3 Joker-Tore benötigte Joselu zusammengerechnet 15 Minuten.
Aufregender Karriere-Herbst
Trotz seiner Treffsicherheit ist es eher unwahrscheinlich, dass Joselu am Sonntag im Nations-League-Final gegen Kroatien in der Startelf stehen wird. Trainer Luis de la Fuente wird nicht müde zu erwähnen, welch wertvolle Arbeit Morata für sein Team leiste. Joselu funktionierte bis anhin ohnehin besser als Einwechselspieler. Bei seinem bisher einzigen Startelf-Einsatz setzte es für «La Roja» eine peinliche 0:2-Niederlage in Schottland ab.
So oder so stehen Joselu aufregende Zeiten bevor. In der Nationalmannschaft dürfte der beste spanische Skorer der abgelaufenen La-Liga-Saison (16 Tore) aufgrund des Stürmer-Mangels kurz- bis mittelfristig ein Thema bleiben.
Und auf Klubebene wartet das Karriere-Highlight schlechthin: Schon am Dienstag soll Joselu bei Real Madrid als Neuzugang vorgestellt werden. Bei den «Königlichen» wird der 33-Jährige die Rolle als Joker übernehmen. Dass Joselu das äusserst gut kann, hat er im Nationalteam wiederholt bewiesen.