Marvin Spielmanns Alltag unterscheidet sich nicht gross von früher: «Ich stehe am Morgen auf und gehe trainieren. Es ist einfach anders, weil man nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Kabine sein muss.»
Eine Spielerkabine hat der 27-Jährige zuletzt im Sommer von innen gesehen. Dann schloss ihn sein damaliger Klub Lausanne-Sport vom Training aus, ehe Anfang September die Vertragsauflösung folgte. Seine Leistung habe nicht ausgereicht, so die Begründung im Winter, als Spielmann für die Rückrunde leihweise zu Xamax abgeschoben wurde. Ganz verstanden hat er den Entscheid nicht, das Kapitel Lausanne sei für ihn aber abgeschlossen.
Durchbruch bei Thun
Dass Spielmann nun ohne Vertrag dasteht, schien vor einigen Jahren noch undenkbar. Als 21-Jähriger startete der Offensivspieler bei Thun in seiner ersten Saison in der Super League so richtig durch. Der Oltner überzeugte im Berner Oberland mit seiner Schnelligkeit, Vorlagen und Toren.
Zwei Saisons später folgte der Wechsel zu den Berner Young Boys. Mit sechs Toren gegen YB hatte Spielmann genug Werbung in eigener Sache gemacht, um den Klub aus der Bundesstadt von sich zu überzeugen. In Bern geriet der Aufschwung von Spielmann jedoch ins Stocken. Als einsames Highlight ragt das entscheidende Tor im Cupfinal 2020 (2:1 gegen Basel) heraus. Ansonsten fand sich Spielmann häufig auf der Ersatzbank wieder und fiel regelmässig verletzt aus.
Die Verletzungen allein will Spielmann nicht als Grund für das missglückte YB-Abenteuer gelten lassen. «In Thun habe ich meine PS auf den Platz gebracht, in Bern nicht. Das wurde mir zum Verhängnis.» Im Januar 2022 folgte der vorzeitige Wechsel ins Waadtland in die Challenge League. Die Rückkehr zu alter Stärke gelang ihm nicht.
Der Selbstdisziplin hilft's
Seit seinem Abgang bei Lausanne steht Spielmann trotz seinem unbestrittenen Potenzial ohne Klub da. Es habe aus der Challenge League ein Angebot gegeben, das er aber abgelehnt hat. Auch eine Rückkehr zu seinem Jugend-Klub Aarau, «der eine Option gewesen wäre», klappte bisher nicht.
Den Kontakt mit Spielern, die die gleiche Situation kennen, hat Spielmann bisher noch nicht gesucht. Ein alter Bekannter dürfte von ihm aber bald einen Anruf erhalten. Loris Benito, bei YB Teamkollege von Spielmann, war nach seinem Abgang bei Bordeaux ebenfalls vereinslos. Mittlerweile ist er wieder bei YB und schaffte gar den Sprung zurück in die Nati.
Spielmann will vorerst die Freude am Fussball wieder finden. Trotz der unbefriedigenden Situation sieht er auch Positives: «Schwierig, am Morgen aufzustehen und sich an der Nase zu nehmen, ist es nicht. Beim Thema Selbstdisziplin war ich oft etwas bequemer. Ich glaube, diese Zeit hilft mir auch.»