Dass es an der U21-EM zum Viertelfinal zwischen Spanien und der Schweiz kommt, ist einer Häufung dramatischer Wendungen in den abschliessenden Gruppenspielen geschuldet.
Die Spanier lagen gegen die Ukraine bis in die 90. Minute mit 1:2 zurück und in der Tabelle nur auf Rang 2, ehe Abel Ruiz den Iberern mit dem ultraspäten 2:2-Ausgleich doch noch den Gruppensieg bescherte.
Noch viel dramatischer ging es im Showdown der Gruppe D mit der Schweiz zu und her. Während die U21-Nati gegen Frankreich mit 1:4 unterging, schossen, verteidigten und haderten sich Italien und Norwegen gegenseitig ins Verderben.
Das 1:0 für die Nordländer war das einzig mögliche Szenario, welches die beiden Teams zum Ausscheiden verdammt sah – und die Schweiz trotz nur 3 von 9 möglichen Punkten über das Weiterkommen jubeln liess.
Spanien: Mit Ball top, ohne Ball verwundbar
Das Team von Trainer Patrick Rahmen hat somit – auch dank gütiger Mithilfe von Göttin Fortuna – eine zusätzliche Chance erhalten, sein volles Potenzial abzurufen. Gelingt dies am Samstag im Viertelfinal gegen Spanien, scheint vieles möglich.
Zumal die «Rojita» (die kleine Rote), wie Spaniens Nachwuchsteam in Anlehnung an die A-Nationalmannschaft «La Roja» genannt wird, an der EURO bisher solid, aber keineswegs angsteinflössend aufgetreten ist. Folgende 3 Schwächen sind im Verlauf des Turniers aufgefallen:
- 1. Spiel gegen den Ball
Es ist anzunehmen, dass die ballverliebten Spanier auch im Viertelfinal gegen die Schweiz viel Ballbesitz haben werden. Eine Aufgabe der Schweiz wird es sein, beim Gegner im Aufbauspiel mit gutem Positionsspiel und/oder Pressing Fehler zu provozieren.
Diese gilt es im Anschluss durch möglichst effektive Passkombinationen auszunutzen. Gibt man den Spaniern keine Zeit, sich nach Ballverlust wieder zu formieren, sind sie anfällig. Denn eines ist gewiss: Jeder spanische Akteur fühlt sich mit Ball wohler als ohne.
- 2. Unsicherheiten bei hohen Bällen
Da die Spielphilosophie im spanischen Verband über alle Altersstufen dieselbe ist, verwundert es nicht, dass auch die aktuelle U21-Auswahl auf den Grundsatz schwört: Eigener Ballbesitz ist die beste Verteidigung. Bei den Spaniern steht die Spielkontrolle über allem.
Am besten stört man diese mit unberechenbaren hohen Bällen. In der Luft ist den nicht allzu grossgewachsenen Iberern viel eher beizukommen als am Boden. Das erhöht entsprechend die Wichtigkeit der Standardsituationen.
- 3. Chancenverwertung
Was Alvaro Morata bei den «Grossen» ist, verkörpert Abel Ruiz bei der «Rojita»: Beides sind sie zweifelsohne gute Stürmer mit diversen Qualitäten. Die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor gehört in der Regel aber nicht dazu. Ruiz, der sein Geld in Portugal bei Braga verdient, erzielte in der abgelaufenen Saison in 51 Pflichtspielen 12 Tore. Das ist respektabel, aber nicht mehr.
An der laufenden EM hat Ruiz schon zweimal getroffen. Chancen hatte er jedoch schon für 5 oder 6 Tore. Im Mittelfeld ist Spanien gespickt mit technisch starken Spielern, die besser sind im Treffer vorbereiten, als im Tore schiessen.