- Die schmerzliche Niederlage ist aus mehreren Gründen unverdient
- Die Schweizer haben ihre Haut teuer verkauft, vor allem mit der Fortdauer der Partie gegen Polen eine starke Leistung gezeigt
- Das Scheitern ähnelt jenem an der WM 2006 gegen die Ukraine (als sogar alle 3 Penaltyschützen scheiterten), deshalb ist dort der Hebel anzusetzen
In der Sonntagspresse ist am Tag nach dem geplatzten Traum in Saint-Etienne dieser Grundtenor auszumachen. Und so äussern sich die Zeitungen zum Ausgang des Spiels im Detail:
Alles wie gehabt – und doch ist es diesmal besser
Auf dem Titelblatt wird das andere dominierende Thema der Woche, der Brexit, aufgenommen. In Anlehnung dazu stellt die Sonntagszeitung nüchtern fest: Schwexit!
Auch im Inneren der Zeitung wird nochmals auf den Ist-Zustand hingewiesen, der heisst: «Die Nati ist ein Achtelfinalist eines Turniers – und nicht mehr.» Trotzdem schreibt das Blatt relativierend über die Schweizer: «Und doch tut ihnen Unrecht, wer ihre Bilanz an dieser EM auf die Niederlage im Achtelfinal reduziert, auf den nackten Fakt. (...) Es mag vielleicht nicht zum Ertrag passen, aber was sie an diesem Samstagnachmittag nach einer ziemlich verkorksten ersten Halbzeit bieten, ist leidenschaftlich und voller Mut, ist phasenweise mitreissend und fast so spektakulär wie der Scherenschlag von Xherdan Shaqiri.»
Leider hat Xhaka keine Nerven aus Granit
Die Boulevardpresse hadert nochmals mit dem Penalty-Drama und hat Mitleid mit dem Mittelfeldspieler, der als Einziger in der Kurzentscheidung danebenschiesst.
In der Wahrnehmung des SonntagsBlick zeigen die Schweizer Grösse in der Niederlage. Ganz ohne Vorwürfe geht es gleichwohl nicht. So werden der Nati die matte 1. Halbzeit angekreidet und die vergebenen Chancen ab der 82. Minute, als die Polen längst platt waren.
Der verpasste Moment
Fast schon einen philosophischen Ansatz findet die NZZ am Sonntag: «Wenn es am Ende dieses Spiels gerecht zu und her gegangen wäre, dann hätte man gesagt, Shaqiris Wundertor habe zum wichtigsten Erfolg des Schweizer Fussballs in der Neuzeit geführt.»
Dann die bittere Schlussfolgerung: «Aber es war eben nicht gerecht, es war nicht einmal verdient, dass die Polen gewannen.»
Der unvollendete Traum
In der Romandie wird in erster Linie nachgetrauert. Frust und Ohnmacht ist auszumachen, weil alle im Schweizer Lager doch so sehr überzeugt gewesen seien, es besser zu machen als noch vor 10 Jahren an der WM in Deutschland.
Der Traum beginnt erst
«Es hätte ein Nachmittag werden sollen, aus dem die Schweiz neues Selbstverständnis schöpft», heisst es. Stattdessen sei nun eine Leere zu spüren.
Doch dann der vielversprechende Ausblick in der Schweiz am Sonntag: «Vielleicht war die Chance, an einem Turnier ganz weit zu kommen, nie grösser als an dieser EM. Vielleicht ist es aber auch so, dass der Traum, zum grossen Wurf anzusetzen, gerade erst beginnt.»
Sendebezug: Laufende Berichterstattung zur EURO 2016