Er ist der Mann für die besonderen Momente in der Schweizer Nati: Sei es sein Hattrick gegen Honduras an der WM 2014, der Fallrückzieher an der EM 2016 gegen Polen oder sein Tor inklusive «Doppeladler-Jubel» an der WM 2018 in Russland gegen Serbien. Xherdan Shaqiri ist immer mittendrin, wenn es zählt.
Doch nun vor Beginn der EURO 2024 in Deutschland, seinem 7. Grossanlass, scheint sich seine Rolle geändert zu haben. Seit der 32-Jährige in Chicago spielt, wird über seine Fitness gesprochen und über seine Form geschrieben. «Ehrlich gesagt, ist mir diese Debatte fast ein wenig peinlich», erklärte Shaqiri am Donnerstagmorgen an der täglichen Nati-Medienkonferenz in Stuttgart.
Schliesslich müsse jeder Spieler, der an einen Grossanlass einrückt, bereit sein, 90 Minuten zu spielen, so der 123-fache Nationalspieler. «Ich sehe keine Probleme und bin nicht hierher gekommen, um Urlaub zu machen», schloss er deshalb. Anders könnte das indes Trainer Murat Yakin sehen, der am Rande der Test-Partie gegen Österreich sagte, Shaqiri könne nicht 3 Partien über 90 Minuten in 9 Tagen bestreiten.
Der Vergleich mit Messi
Seine genaue Rolle kennt «Shaq» nach eigenem Bekunden zwar noch nicht, aber: «Der Trainer entscheidet die Taktik und wir Spieler müssen unsere Rolle akzeptieren – auch ich. Die Kommunikation mit ihm ist offen und transparent. Wir werden sehen, wer am Schluss spielen wird.»
Klar ist aber: Seine Kreativität hat in der Nati kein anderer. «Ein Team braucht solche Spieler, die tolle Pässe spielen, Tore aus dem Nichts machen oder mit einem Standard helfen können», findet der Routinier selber. Trainierbar seien solche Fähigkeiten nicht, meint er mit einem Schmunzeln, um mit einigem Schalk anzufügen. «Ich glaube auch nicht, dass Messi alles trainiert hat. Das ist ähnlich wie bei mir. Wir haben dieses Talent in uns.»
Ob Stammplatz oder Jokerrolle: Die Vorfreude beim Schweizer ist ungebrochen. «Eine Endrunde ist keine Selbstverständlichkeit, ich geniesse es jedes Mal mit den Jungs. Die Stimmung hier ist sehr gut, hoffentlich können wir den Schwung ins erste Gruppenspiel gegen Ungarn mitnehmen.»
Rückkehr nach Europa im Winter?
Für Shaqiri ist die EURO auch eine willkommene Luftveränderung. Seit seinem Wechsel von Lyon zu Chicago Fire im Winter 2022 hat sich der Erfolg dort nicht wie erhofft eingestellt, das Warten auf die Playoffs geht weiter. Er sei mit anderen Ambitionen nach Chicago gekommen, erklärte er nun. «Leider hatten wir nicht die Tools dafür. Da muss man auch die sportliche Führung fragen, ob die richtigen Spieler gebracht wurden. In den letzten Jahren wurden leider nicht die richtigen Entscheide getroffen. Deshalb kamen diese Ergebnisse. Hoffentlich lernt auch die sportliche Führung von Chicago aus den Fehlern und macht es besser.»
Ein ziemlicher Rundumschlag und bereits ein Fingerzeig dafür, dass die Zukunft Shaqiris, dessen Vertrag bei Chicago im Winter ausläuft, wohl nicht in den USA liegt. Dies bestätigte er wenig später gleich selber: «Die Tendenz ist momentan gross, dass ich dann gehen werde. Ich möchte nach Europa zurückkommen, kann aber noch nichts Genaues sagen. Den Rhythmus in Europa zu finden, wäre auch wichtig für die Nati.»
Die Weichenstellung auf Klubebene ist allerdings noch Zukunftsmusik, was für Shaqiri jetzt zählt ist die EM. Klar ist aber auch: Schreibt Shaqiri in Deutschland noch einmal eine Geschichte wie an den letzten Endrunden, dürfte ihn das bei einigen Klubs wieder interessant machen.