Er ist schnell wie der Blitz. Schneller zum Beispiel als Kylian Mbappé oder Rasmus Höjlund und an dieser EURO die Nummer 2. Nur der Rumäne Valentin Mihaila war mit 35,9 km/h noch rasanter unterwegs als Dan Ndoye, dessen Vorname sich «Dan» und nicht «Dän» ausspricht.
Mit seinem Tempo vermochte er sowohl die ungarische wie auch die schottische Defensive in Verlegenheit zu bringen. Was fehlt, ist bislang einzig ein Treffer. Und als es gegen die Schotten endlich klappte, stand der 23-Jährige im Offside. «Ich hatte sicher die Chance auf 2, 3 Tore, deshalb bin ich schon ein wenig frustriert, ich hoffe auf mehr Abschlussglück im nächsten Spiel», gab Ndoye am Donnerstagnachmittag vor den Medien preis.
Noch kein Tor in der Nati
Dass der Waadtländer an der EM noch nicht traf, ist indes keine allzu grosse Überraschung, wartet er nach 13 Länderspielen doch noch auf sein erstes Tor im Nati-Dress. Auch auf Klub-Ebene traf Ndoye weder in der Super League, der Ligue 1 oder der Serie A häufiger als 4 Mal in einer Saison ins Tor.
Es kursiert deshalb der böse Spruch, dass Ndoyes Marktwert zehn Mal höher wäre, wäre sein Abschluss so stark wie sein Antritt. Gegen Schottland sollen Scouts von Serie-A-Champion Inter Mailand im Stadion gewesen sein, um ihn zu beobachten. «Ich weiss, dass ich noch Steigerungspotenzial habe, was den Abschluss betrifft. Ich glaube aber nicht, dass mir die Qualität fehlt. Es geht vor allem darum, im richtigen Moment die richtige Wahl zu treffen. Vielleicht braucht es auch nur ein Aha-Erlebnis», dann würde sich der Knopf lösen und das Glück ihn finden.
Viele Stärken, viele Minuten
Doch auch ohne Tor ist Ndoye einer der grossen Nati-Gewinner der letzten Monate. Unter Murat Yakin war der Bologna-Flügel zuletzt auf der linken Seite gesetzt – und an der EURO ist er mit 172 Einsatzminuten der Dauerläufer in der Offensive. Der Trainer und offenbar auch die Konkurrenz aus Mailand schätzen an ihm vor allem seine Vorstösse, sein Tempo sowie die Dribblings. Und auch aufgrund seiner Polyvalenz, so wurde Ndoye gegen Ungarn überraschend auf dem rechten Flügel eingesetzt, schenkt Yakin ihm stets das Vertrauen.
Apropos Vertrauen: Für den 23-Jährigen ist der mentale Aspekt des Fussballs besonders wichtig. Neben dem Support durch seine Familie («Ich bin ein absoluter Familienmensch!»), arbeitet Ndoye schon seit Längerem mit einem Mentalcoach zusammen. Dieser habe ihm vor allem in jungen Jahren geholfen, seine Konzentration während des Spiels und auch im Training hochzuhalten. So habe er sein Level immer weiter steigern können.
Gelegenheit, dies unter Beweis zu stellen und womöglich den ersten Treffer im Nati-Dress zu feiern, gibt es für Ndoye bereits am Sonntag, wenn es gegen den EM-Gastgeber Deutschland geht. Sollte ihm dies dann gelingen, sind die Inter-Scouts wohl nicht die einzigen, die sich auf der Tribüne für ihn interessieren.