Es waren noch nicht einmal 15 Minuten im Berliner Olympiastadion gespielt, als sich Granit Xhaka hinsetzen musste. Der Captain hatte nach einem Zweikampf offensichtlich Schmerzen und musste sich anschliessend an der Seitenlinie auch eine Tablette holen. Zum Glück ging es beim 31-Jährigen anschliessend doch noch weiter, wer weiss, wie die Partie ohne das Mittelfeldmetronom geendet hätte.
Am Samstag waren wir so hungrig, wir haben Italien schon vor der Partie im Kabinengang kaputt gemacht.
«Vor dem Spiel haben wir im Training Elfmeterschiessen geübt. Schon beim 1. Versuch habe ich etwas in meinen linken Adduktoren gespürt. Am Donnerstag konnte ich deshalb nicht mit dem Team trainieren. Im Spiel habe ich dann früh einen Schmerz gespürt», gab der Captain am frühen Sonntagabend in Stuttgart preis. Nun gelte es, die Woche zur Regeneration zu nutzen und dann am nächsten Samstag wieder topfit zu sein. Zur Sicherheit wird am Montag noch ein MRT durchgeführt.
Als Belohnung gab es nach dem Sieg gegen Italien Kebab für das ganze Team. Eine Ausnahme für die Profis, die sich sonst strikt an Ernährungspläne halten müssen. «Das hat gutgetan, ein paar Spieler hatten sogar zwei», erzählte Xhaka. Auch er selbst schlug beim von Breel Embolo organisierten Essen doppelt zu.
Pleite 2021 noch im Kopf
Es war die kulinarische Belohnung für eine starke Darbietung auf dem Platz. Für den Leverkusen-Spieler war aber nicht nur das Resultat stimmig, sondern die Leistung insgesamt. «Das Level, die Intensität und die Energie, die wir gegen einen grossen Gegner gezeigt haben, waren mehr als speziell. Wir wussten noch, was sie an der EM vor 3 Jahren gegen uns gemacht haben (ein 3:0-Sieg Italiens in der Gruppenphase; Anm. d. Red.) – der Schmerz war noch da.»
Doch vieles sei heuer anders gewesen als 2021. Damals habe Italien mit der Ausstrahlung seiner bekannten Spieler das Spiel schon vor der Partie entschieden. «Diesmal war es genau umgekehrt. Am Samstag waren wir so hungrig, wir haben sie schon vor der Partie im Kabinengang kaputt gemacht.»
Ich bin ein Spieler, der die Wärme und das Vertrauen des Trainers braucht. Und mittlerweile ist das Verhältnis mit Muri sehr gut.
Da waren sie wieder, die markigen Sprüche Xhakas, für die er schon immer berühmt-berüchtigt war. Doch mittlerweile bedient der Routinier eben auch die Klaviatur der bedachten Töne. «Man wird eben älter und erfahrener. Früher habe ich Sachen gemacht oder Dinge gesagt, die nicht hätten sein müssen. Ich bin ein Spieler, der die Wärme und das Vertrauen des Trainers braucht. Und mittlerweile ist das Verhältnis mit Muri sehr gut», meinte er nun dazu. Geholfen hätten ihm im Reifeprozess alle Trainer seiner Laufbahn.
Der Herbst hat die Augen geöffnet
Gereift ist auch die Schweizer Nati als Team. Vor weniger als einem halben Jahr glich das Team von Murat Yakin hin und wieder einem Hühnerhaufen, hangelte sich von Unentschieden zu Unentschieden und beendete die EM-Quali hinter Rumänien nur auf Platz 2. «Diese Phase hat uns die Augen geöffnet. Wir haben damals nicht unsere Leistung gebracht», gab Xhaka zu.
Und auch persönlich ging er mit sich hart ins Gericht: «Es hat mir gezeigt, dass ich mehr fürs Team machen muss, mehr mit dem Trainer kommunizieren muss.» Schon im März bei den Testspielen habe er gemerkt, dass sich etwas geändert habe, man offener und ehrlicher miteinander kommuniziere.
Grosses im Sinn
Was also ist mit diesem Team im Sommer 2024 noch möglich? Darauf wollte der Schweizer Captain keine abschliessende Antwort geben. Er sage nicht, dass die Schweiz das Turnier gewinnen werde, aber «wir werden da sein, weil jeder Spieler sein Bestes gibt und die Trophäe holen will».
Auch zu seinen kleinen Töchtern habe er gesagt, dass er erst wieder nach Hause kommen könne, wenn «etwas Grosses passiert». Zur Erinnerung: Der EM-Final steigt am 14. Juli in Berlin. Geht es nach Xhaka, muss die Familie noch 2 Wochen warten.