Er hatte sich unbedingt ein Duell mit England gewünscht, wollte seinen Team-Kollegen von Manchester City zeigen, wie stark der Schweizer Fussball tatsächlich geworden ist. 120 Minuten gelang dies, doch am Ende blieb Manuel Akanji doch nur die Rolle des tragischen Helden, der Blick ins Leere, die tröstenden Worte von Gegnern und Teamkollegen.
Wenn man als Einziger einen Penalty verschiesst, hat man das Gefühl, alle im Stich gelassen zu haben. Das tut weh.
Dabei hatte der 28-Jährige auch gegen die «Three Lions» wieder das gemacht, was er schon in den 4 Partien zuvor an der EURO 2024 gezeigt hatte. Akanji hielt die starke Schweizer Abwehr zusammen, kommandierte, dirigierte und war das defensive Pendant zu Mittelfeldchef Granit Xhaka. Dazu baute er das Spiel von hinten mit klugen Pässen auf oder schaffte mit überlegten Rushes Raumgewinn.
In der Verlängerung beendete er en passant auch den Arbeitstag von Harry Kane. Mit einem resoluten Körpereinsatz an der Mittellinie checkte er den englischen Starstürmer regelkonform in die Kühlbox. Kane kehrte danach nicht mehr ins Spiel zurück und wurde durch Ivan Toney ersetzt.
Keine Vorwürfe, nur Lob
Ob diese Szenen auf der Insel in Erinnerung bleiben werden? Wahrscheinlich nicht, denn Akanji war wenig später die tragische Figur im Penaltyschiessen. Als erster Schweizer Schütze übernahm er Verantwortung – und scheiterte mit seinem schwach geschossenen Versuch an Englands Goalie Jordan Pickford. Nach ihm trafen alle 8 Spieler.
Einen Vorwurf machte Akanji danach niemand, im Gegenteil:
Manu Akanji habe ich nur gratuliert – zu seiner fantastischen EM, wie souverän er gespielt hat, wie locker er war, jederzeit ohne Stress am Ball. Der Fussball gibt uns so viel, aber solche Minuten gehören auch dazu.
Manu verdient grossen Respekt. Er kann stolz sein auf seine Leistung in diesem Turnier und in dieser Saison. So etwas macht einen stärker. Wir werden ihn alle unterstützen.
Ein Trost waren die Worte für Akanji, der auch im SRF-Rating mit durchschnittlich mehr als 4,1 Sternen hinter Captain Granit Xhaka am zweitbesten abschnitt, im ersten Moment nicht. Er verkroch sich nach dem Spiel aber auch nicht hinter Plattitüden, sondern gab Einblick in sein Seelenleben: «Wenn man als Einziger einen Penalty verschiesst, hat man das Gefühl, alle im Stich gelassen zu haben. Das tut weh. Ich werde ein paar Tage brauchen, um das zu verdauen.»
Für Akanji war es im Übrigen ein Déjà-vu. Schon vor vier Jahren, als man im Viertelfinal ebenfalls im Penaltyschiessen an Spanien gescheitert war, hatte er verschossen. Damals jedoch als einer von 3 Schweizern.