- Daily Mail: Nichts für Zartbesaitete
«Der wilde EM-Final hat gezeigt, dass Frauenfussball keine zahmere und sanftere Version des Spiels ist. So viel harte Arbeit und Aufopferung haben sich in zwei glorreichen (und knochenharten) Stunden ausgezahlt.»
- Frankfurter Allgemeine: Tränen, aber auch Respektbekundung nach dem Drama
«Die Verliererinnen in den grünen Trikots standen erst fassungslos und enttäuscht da, nahmen später die neuen Champions in den Arm, während das britische Publikum den Fairplay-Gedanken hörbar zur Geltung brachte und allen Beteiligten für den dargebotenen Final mit lautstarkem Beifall dankte. Diese EM besass bis zum feierlichen Schlussakt in Wembley Klasse und Stil. ‹Wir sind froh, dass wir so viele Menschen begeistern konnten›, sagte Nationalspielerin Svenja Huth, ‹aber im Moment tut es schweineweh.›»
- The Times: Endlich Deutschland aus dem Weg geräumt
«England musste einen Gegner besiegen, der für seine Widerstandsfähigkeit bekannt ist und der in der Vergangenheit so oft ein Stolperstein war. Aber die Gastgeberinnen der Women's EURO haben die unaufhörliche Bewährungsprobe durch Deutschland bewältigt. Sie wurden ihren Erwartungen gerecht. Sie gingen in Führung, gaben das 1:0 wieder preis und bewiesen dann Charakter. Das macht ihre Leistung noch bedeutender, weil es Deutschland war.»
Statt ihre Wucht und Ausstrahlung auf dem Platz einbringen zu können, sass sie mit ernstem Blick auf der Bank.
- The Guardian: «... aber wen kümmert's?»
Die britische Tageszeitung gibt ihre Stimme im Moment des Triumphes der «Lioness»-Trainerin Sarina Wiegman, einer der Baumeisterinnen des EM-Titels. Diese wiederum hatte ihre Stimme während der intensiven 120 Minuten «ein wenig verloren». Daher resümierte die 52-Jährige möglichst knapp: «Was wir getan haben, ist unglaublich. Ich empfinde grossen Stolz und brauche ein paar Tage, um zu begreifen, was wir erreicht haben.»
Und dann meinte Wiegman mit einem Augenzwinkern auch noch: «Ja, es war knapp, sehr knapp. Aber wen kümmert das jetzt noch?»
- Süddeutsche Zeitung: Der Schock vor dem Schock in der 110. Minute
«Es war ein Standard, der die Entscheidung brachte: Nach einer Ecke in der 110. Minute bekam die deutsche Abwehr den Ball nicht unter Kontrolle. Chloe Kelly drückte ihn über die Linie, bevor sie jubelnd und ihr Trikot wedelnd über das Feld rannte», so fasst das Blatt die Entscheidung knapp zusammen. Doch eigentlich verschwor sich das Unglück schon lange vor dem 2:1-Siegtreffer – nämlich noch vor dem Anpfiff im Wembley – mit der DFB-Elf. So heisst es in der Süddeutschen weiter:
«Der Abend hatte mit einer Hiobsbotschaft begonnen, die dieses Spiel klar beeinflussen sollte. Wenige Minuten vor dem Start meldeten die Deutschen, dass Alexandra Popp aufgrund muskulärer Probleme ausfallen würde. Ausgerechnet die 31-Jährige, die bisher mit ihren 6 Toren und auch als Anführerin so entscheidend gewesen war im Turnier – und die von den Engländerinnen besonders gefürchtet wurde. Statt ihre Wucht und Ausstrahlung auf dem Platz einbringen zu können, sass sie mit ernstem Blick auf der Bank.»
- Bild: «Wieder Wembley, wieder Betrug!»
Weitaus plakativer kommentiert die Boulevardzeitung die knappe Niederlage im Endspiel. Sie beisst sich dabei in eine Szene in der 26. Minute fest, in der beim Verhindern eines Gegentors die Hand der englischen Kapitänin Leah Williamson im Spiel gewesen sein soll. Der VAR überprüfte die Szene nach einem Corner, bei der der Ball unkontrolliert im Gewühl herumirrte, sah aber keine Verlanlassung für eine Intervention. Die deutsche Trainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte einen Hands-Elfmeter gesehen.
Die Bild bläst ins gleiche Horn: «Ein glasklares Handspiel. Die Hand ist über Schulterhöhe.» Laut einem zugezogenen Schiedsrichter-Experten sei es nicht nachvollziehbar, dass es keinen Hinweis vom VAR gegeben habe. Entsprechend folgert das Blatt bereits in der Schlagzeile: «Wieder Wembley! Sogar mit Video-Beweis werden wir betrogen.» Und spielt dabei auf das im WM-Final 1966 gegebene Tor zugunsten der Engländer an, das letztlich zur 2:4-Niederlage nach Verlängerung für die Deutschen führte.
Der tiefste Schmerz in Englands Sportseele ist getilgt. Und es ist eine Lektion in Sachen Gleichberechtigung
- The Telegraph: Eine Hommage an die Frauen
Anders die Gemütslage im Königreich, dabei ist ebenfalls 1966 – bis gestern das Jahr des letzten Titelgewinns eines englischen Teams – Ausgangspunkt: «Der tiefste Schmerz in Englands Sportseele ist getilgt. Und es ist eine Befreiung, die von Frauen vollbracht wurde – inmitten von Szenen reinsten Freudentaumels. (...) Dies ist ein Sport, der Frauen in England ein halbes Jahrhundert lang offiziell untersagt war. Noch in den 1990er-Jahren wurde der Frauenfussball in der Fleet Street als ‹ein Spiel, das nur einvernehmlich von Erwachsenen im privaten Rahmen gespielt werden sollte»› verhöhnt. (...) Doch heute hat sich Optimismus über Kurzsichtigkeit und Verachtung hinweggesetzt. Es ist eine Lektion (...): Stelle Frauen in den Vordergrund und sieh zu, wie sie in die Höhe schnellen.»