Es herrschte eine riesige Euphorie in Frankreich während der Frauen-WM 2019. Volle Stadien, ausgelassene Stimmung und ein Nationalteam, das mit Titel-Ambitionen ins Abenteuer Heim-WM gestartet war. Umso grösser war die Ernüchterung nach dem Viertelfinal-Out gegen die späteren Weltmeisterinnen aus den USA.
Kritik musste nicht zuletzt Trainerin Corinne Diacre einstecken. Die langjährige Rekord-Nationalspielerin hatte «Les Bleues» im Herbst 2017 mit dem Ziel übernommen, den Viertelfinal-Fluch zu besiegen und einen grossen Titel zu gewinnen. Statt positiver «Folie» herrschte jedoch Katzenjammer.
Diacre: Mit harter Hand
Der Vorwurf an die Trainerin: Diacre sei zu autoritär, wenig empathisch und stecke ihre Spielerinnen in ein zu enges Korsett. Nicht gut kam zudem an, dass sie Identifikationsfigur Wendie Renard kurzerhand die Captainbinde entriss.
Diese Querelen sollen aber der Vergangenheit angehören. Wie man aus dem französischen Lager hört, sei «der Drache», wie Diacre auch genannt wird, zahmer geworden.
Das bestätigt auch Renard, mittlerweile wieder Kapitänin der Mannschaft. «Ich nehme Diacre anders wahr, die Kommunikation ist besser», sagte die Abwehrspielerin jüngst in einem Interview mit Le Figaro. Die Trainerin sei sich vieler Dinge bewusst geworden und habe einiges in der Vorgehensweise korrigiert.
Ausbootung zweier Leistungsträgerinnen
Ihren Prinzipien bleibt Diacre aber treu. So sorgte ihre Entscheidung, die beiden verdienten Nationalspielerinnen Eugénie Le Sommer und Amandine Henry nicht für die EM aufzubieten, vielerorts für Stirnrunzeln. Die beiden hatten mit Lyon kurz vor der EM die Meisterschaft und die Champions League gewonnen.
Der Erfolg an der EM gibt der Trainerin bislang recht. Der Viertelfinal-Fluch bei Grossanlässen wurde gebrochen, Frankreich steht im Halbfinal. Dort trifft die «Equipe tricolore» am Mittwoch auf Deutschland.