Norwegen verbindet man in erster Linie mit Wintersport. Doch die Skandinavier haben viel mehr zu bieten. Neben Fussball-Superstar Erling Haaland gibt es auch Golfer Viktor Hovland, Tennis-Ass Casper Ruud – und nicht zuletzt die beiden Leichtathletik-Phänomene Jakob Ingebrigtsen und Karsten Warholm.
Titel und Rekorde en masse
Auf der Bahn hetzen die beiden von Erfolg zu Erfolg. Mitteldistanz-Läufer Ingebrigtsen ist mit gerade einmal 22 Jahren bereits Olympiasieger und Weltmeister, jüngst brach er beim Diamond-League-Meeting in Chorzow (POL) den Europarekord über 1500 m. Warholm ist der Überflieger über die 400 m Hürden, hat den WM-Titel und Olympiagold ebenfalls in seinem Palmarès stehen und hält seit 2021 auch den Weltrekord.
So geeint die beiden im Erfolg sind, so unterschiedlich scheinen sie neben der Tartanbahn zu sein. Ingebrigtsen ist vom Erfolg geradezu besessen und macht auch in der Öffentlichkeit keinen Hehl daraus. Er wolle der Beste der Geschichte werden, sagte er kürzlich in einem Interview mit der Sonntagszeitung.
Arrogant oder selbstbewusst?
«Wenn man ihn so sprechen hört, könnte man denken, er sei arrogant. Doch das ist Selbstvertrauen», erklärt der norwegische Leichtathletik-Kommentator Jann Post. «Er ist kein Zweifler. Und wenn er sich etwas vornimmt, dann setzt er das in der Regel auch um.»
Ingebrigtsen scheut sich auch nicht davor, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. So beendeten er und seine zwei älteren Brüder nach den Olympischen Spielen im Vorjahr die Zusammenarbeit mit ihrem Vater, der das Trio seit frühester Kindheit gecoacht hatte. Das Ganze ging nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne, über die Details schweigen sie noch heute.
Ingebrigtsen senior trainiert aktuell mit Narve Gilje Nordas ausgerechnet einen Konkurrenten seines Sohnes. Er hat für diese WM allerdings keine Akkreditierung erhalten und darf sich nicht im norwegischen Teamhotel aufhalten. Offizielle Gründe gibt es dafür keine, für die norwegischen Medien ist jedoch klar, dass das Team um Jakob dahinter steht.
«Karsten und Leif» – das Dreamteam
Solche Turbulenzen kennt Warholm aktuell nicht. Seit gut 8 Jahren bereist der 27-Jährige mit seinem Trainer Leif Olav Alnes die Welt. «Die beiden haben eine sehr intensive und enge Beziehung», erzählt Post. Noch heute teilen sie sich oft ein Hotelzimmer und nennen gar eine Doku-Serie namens «Karsten und Leif» ihr Eigen.
Im Team Warholm scheint alles in Minne zu sein. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der Mann aus Ulsteinvik schuftet wie ein Berserker. Wie Ingebrigtsen hat er an der WM Grosses vor. Der Titel soll es natürlich sein, gerne auch garniert mit einem weiteren Weltrekord.
Damit liebäugelt seit geraumer Zeit auch Ingebrigtsen. Doch bei wem ist es realistischer? «Ich denke bei Warholm», sagt Post. «Nach seinem Weltrekord bei Olympia habe ich gedacht, dass dies ein Rennen für die Ewigkeit war. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.» Eines ist klar: Der Mittwochabend könnte so oder so in Norwegens Sportgeschichte eingehen.
