Das Spitzentennis hat kein schönes Jahr 2024 hinter sich. Mit Jannik Sinner und Iga Swiatek stand sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen je ein Top-Crack in den Schlagzeilen – und das nicht aus sportlichen Gründen. Während der Südtiroler im März zweimal positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet worden war, blieb Swiatek im September mit der verbotene Substanz Trimetazidin in einer Kontrolle hängen.
Sinner kam bislang um eine Sperre herum, sein Fall ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Polin wurde hinter den Kulissen für 4 Wochen gesperrt und verpasste so im Herbst 3 Turniere.
Mikromengen bald akzeptiert?
Für Diskussionen sorgten in beiden Fällen sowohl die gemessene Menge als auch die Kommunikation. In einem Interview mit der französischen Sportzeitung L'Equipe äusserte sich Olivier Niggli, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur, zu beiden Themen und öffnete die Tür für Änderungen.
- Mikromengen: «Heute gibt es ein Problem mit der Kontamination», so der Schweizer. Es sei nicht so, dass diese per se häufiger vorkommen würden, aber «die Labore sind heute besser und können kleinere Mengen feststellen. Das müssen wir im Auge behalten. Die Mengen sind so gering, dass man sich heute durch alltägliche Dinge kontaminieren kann. Man hört viele Geschichten, und ich verstehe die Öffentlichkeit, die denkt, dass wir naiv sind und alles glauben. Das ist ein Problem. Wenn wir es uns einfach machen wollten, würden wir Schwellenwerte setzen und hätten all diese Fälle nicht. Die Frage, die sich stellt, ist, ob wir bereit sind, das Mikrodosieren zu akzeptieren? Und wo hört das auf? Wir werden sicherlich eine Arbeitsgruppe einrichten.»
- Kommunikation: Anders als in anderen Sportarten wird im Tennis nicht proaktiv informiert. So kamen sowohl der «Fall Sinner», als auch die positive Probe bei Swiatek erst mit Verspätung ans Licht. «Heutzutage gibt es keine Verpflichtung, eine vorläufige Suspendierung zu melden. Einige tun es, andere nicht», erklärt Niggli. «Gibt es wirklich ein grösseres öffentliches Interesse daran, dies zu wissen, im Vergleich zum Schutz des Rufs eines Sportlers im Rahmen einer vorläufigen Suspendierung? Wo setzt man den Massstab?»