Nachdem die Denver Nuggets den letzten Schritt zum 1. Titel in der NBA getan hatten, war allen klar, wer zum wichtigsten Spieler der Playoffs ausgezeichnet werden würde. Mit einem Schnitt von 30,2 Punkten, 14 Rebounds und 7,2 Vorlagen kam man nicht um Nikola Jokic herum, diese Naturgewalt von einem Spieler, dem auf den ersten Blick so behäbig wirkenden Alleskönner. Auch Spiel 5 in der Finalserie gegen die Miami Heat prägte der Center mit 28 Punkten und 16 Rebounds.
Gross war die Freude auch in Jokics Heimatstadt Sombor, wo ein grosses Public Viewing organisiert worden war. Ohnehin ist Serbien – ein traditionell extrem sportbegeistertes Land – derzeit im Höhenflug. Knapp zwei Tage zuvor hatte Novak Djokovic als erster Tennisspieler seinen 23. Grand-Slam-Titel geholt. «Ich denke, es ist ein sehr guter Moment, Serbe zu sein», schilderte Jokic. In der NBA nennen sie ihn «Joker», eine weitere Parallele zum «Djoker» Djokovic.
Gegenmittel gegen den Hünen gibt es kaum: Jokic ist 2,11 Meter gross, etwa 130 Kilogramm schwer, hat das Ballgefühl eines Aufbauspielers und dazu Wurfgefahr von jenseits der Drei-Punkte-Linie ebenso wie dicht am Korb. Und, eine seiner grossen Stärken: ein unfassbar präzises Passspiel. Dabei schien es dem bescheidenen 28-Jährigen, dem sie in den USA ein «stoned face» attestieren, im anschliessenden Interview zur MVP-Ehrung so gar nicht recht zu sein, derart im Mittelpunkt zu stehen.
Der «pummelige Teenager»
Jokic war nie wirklich schnell, doch er schafft es, den Spielen seinen Rhythmus aufzuzwingen. Weil es dazu Fotos von ihm als übergewichtigem Jungen gibt und er auch zu Beginn seiner NBA-Karriere alles andere als austrainiert wirkte, haftete ihm lange ein Stigma an: zu viele Kilos und zu wenig Athletik. Gedraftet wurde er 2014 nur als Nummer 41. «Sie haben ihn als pummeligen Teenager beschrieben. Aber damit haben sie ihn unterschätzt», sagte Nuggets-Besitzer Stanley Kroenke bei der umjubelten Siegerehrung. «Sie haben seinen Arbeitsethos unterschätzt. Er ist ein unglaublicher Spieler.»
Nun ist Jokic ganz oben angekommen. Und sorgt auf zwei Kontinenten gleichzeitig für Begeisterung. Der serbische Sportheld soll in Colorado eine Ära prägen. «Wir lieben ihn», sagte sein Trainer Michael Malone unmittelbar nach dem finalen Sieg über Miami – und kündigte weitere Nuggets-Titel an: «Wir sind mit einem nicht zufriedengestellt. Wir wollen mehr.»