An seinem 60. Geburtstag kann Stefan Angehrn sagen: «Es geht mir sehr, sehr gut.» Selbstverständlich ist das nicht. Der einstige Boxer war am Ende seiner Karriere in tiefe Finanzprobleme gestürzt, von bis zu einer halben Million Franken Schulden war die Rede. Angehrn erklärt: «Ich war immer wieder verletzt. Eine Vorbereitung kostete jedes Mal 30'000 bis 40'000 Franken.» 2012 landete er dann gar für eine Nacht im Gefängnis. Der Vorwurf: Drogenschmuggel.
Im Ring die Erfolge, auf den Titelseiten die Skandale
Das Verfahren wurde zwar eingestellt, die neue Episode im Leben des gebürtigen Frauenfelders war aber wiederum ein gefundenes Fressen für den Boulevard. Angehrn habe die Sparschweine seine Kinder plündern müssen, war zu lesen. Dass er einen Vermittlungsservice für Prominente gründete – ohne etliche Promis darüber zu informieren. Die Werbung für ein umstrittenes Nahrungsergänzungsmittel; irgendetwas war immer.
Dabei ging fast unter, dass Angehrn zu den erfolgreichsten Schweizer Boxern aller Zeiten gehört. Von 25 Profikämpfen gewann er deren 19, davon 10 durch K.o. Sowohl 1996 als auch 1997 verpasste er den WM-Titel gegen Ralf Rocchigiani jeweils nur knapp nach Punkten.
Erst schlug er May, dann wurde er IBF-Champion
Seinen grössten Sieg feierte Angehrn, der für seinen unbändigen Willen und seine Entschlossenheit Bekanntheit erlangte, dann ebenfalls 1997: Er bezwang den klar favorisierten Torsten May. Ein Jahr später siegte er über Dan Ward, was ihn zum IBF-Interkontinental-Champion machte. Der Teilverband gehört neben WBA, WBO und WBC zu den vier grössten Verbänden im Profiboxen. «Ich bin schon stolz drauf, dass ich Nummer 1 der Weltrangliste wurde. Ich bin der einzige Schweizer, der je vom unabhängigen Ringmagazin der USA in die Top 10 gelistet wurde», ist sich der 60-Jährige bewusst.
Einen Sieg erlangte Angehrn auch im Privatleben. Er sei seit 20 Jahren im Vertrieb von Naturprodukten tätig und damit «sehr glücklich». Nach wie vor spricht der Thurgauer geradeheraus, was er denkt. Etwa, dass er sich zum Geburtstag einen Wahlsieg Donald Trumps wünsche, wie er gegenüber bluewin verriet. Würde die Box-Legende eigentlich alles noch einmal gleich machen? Nicht ganz: «Ich würde wieder dasselbe machen – aber weniger darüber reden. Oder wirklich erst, wenn es auch wirklich geklappt hat.»