Mujinga Kambundji hat eigentlich immer ein Strahlen im Gesicht. Aber jenes, das sie am Freitagabend im Olympiastadion von München hervorzauberte, war noch ein Stückchen grösser als sonst – zurecht. Die Bernerin hat soeben über 200 m Gold eingeheimst.
Die frischgebackene Europameisterin fasste ihren Triumph so zusammen: «Endlich! Ich bin so glücklich, hier zu stehen. Die Stimmung war wieder so gut und ich wusste, dass ich fit bin. Aber ich wusste auch, dass es schwierig werden würde.» Die 30-Jährige hielt dem grossen Druck stand und lieferte. Noch könne sie nicht ganz fassen, was sie erreicht habe, «das wird dann bei der Siegerehrung am Samstag sicher ein bisschen klarer sein», so Kambundji weiter.
Ich komme hierher, ich bin fit, ich weiss, wie schnell ich bin und überlege nicht zu viel.
Kambundji verlor am Startblock zwar zwei Hundertstel auf Dina Asher-Smith (GBR), drehte dann aber auf. Ausgangs Kurve hatte die Hallen-Weltmeisterin und Olympia-Sechste ihre Konkurrentin eingeholt. «Dann dachte ich nur: Jetzt durchziehen und ja keinen Fehler mehr machen.» Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. «Ich komme hierher, ich bin fit, ich weiss, wie schnell ich bin und überlege nicht zu viel.» Diese Mischung aus Selbstvertrauen und Lockerheit ermöglicht es ihr, die grosse Arbeit in grosse Erfolge umzumünzen. «Für solche Momente trainieren wir.»
Und noch etwas anderes beflügelt Kambundji: ihr Umfeld. «Meine Grossmutter ist zum ersten Mal an einem internationalen Event mit dabei, es ist mega schön. Auch die Eltern, Onkel und Tanten sind hier.»
Endlich ist alles aufgegangen
Die EM-Goldmedaille über 200 m ist die Krönung einer starken Saison, die mit dem Hallen-WM-Titel über 60 m in Belgrad begonnen hatte. An der Freiluft-WM in Eugene überzeugte Kambundji mit einem 5. Platz über 100 m und mit einem Schweizer Rekord im Halbfinal über 200 m.
Für Kambundji ist diese Goldmedaille zudem die definitive Versöhnung mit den Europameisterschaften. An der letzten EM 2018 in Berlin hatte es für die Schweizerin gleich drei Enttäuschungen abgesetzt. Über 100 m, 200 m und mit der 4x100-m-Staffel belegte sie den undankbaren 4. Platz.
In München hatte Kambundji vor ihrem Exploit über 200 m zwar schon Silber über 100 m gewonnen. Der 2. Platz vom Dienstag schmeckte aber bittersüss, hatte sie den Sieg doch auf den letzten Metern noch aus der Hand geben müssen und letztlich um ein paar Tausendstel verpasst. Am Freitag ging nun endlich alles auf.