Die drei Weltcupsiege von Nadine Fähndrich im vergangenen Winter haben sogar bei der erfolgsverwöhnten norwegischen Equipe aufhorchen lassen. Lotta Weng ging im vergangenen März auf die Luzernerin zu und fragte, ob sie sich im Sommer nicht gerne mal dem Training der Norwegerinnen anschliessen würde.
Klar, bei solchen Anfragen geht es nicht um «Werkspionage». Vielmehr steht der kameradschaftliche Aspekt unter Sportlerinnen im Vordergrund. Trotzdem: Alle werden eben nicht angefragt, Fähndrich erhielt als Einzige aus dem Schweizer Team eine Einladung. Die Luzernerin genoss die zehn Tage im Spätsommer auf dem Passo di Lavazè und in Livigno. Unter Druck fühlte sie sich nicht, die gemeinsamen Trainings waren kein verstecktes Kräftemessen. Die intensiven Einheiten absolvierten alle individuell, um genau in der vorgegebenen Zone zu bleiben.
Trainerin aus Norwegen
Das Trainings-Camp in Italien war der zweite neue Berührungspunkt mit Norwegen. Seit dem Sommer wirkt Karoline Moen Guidon am Leistungszentrum in Davos. Die Tochter des ehemaligen Engadiner Weltcup-Athleten Giachem Guidon und der früheren norwegischen Weltklasse-Langläuferin Anita Moen wuchs in Norwegen auf und vertritt auch die norwegische Trainingslehre. «Viel Umfang! Und insbesondere bei den Frauen noch ein Fokus auf die Kraft im Oberkörper», umschreibt die 32-jährige Doppelbürgerin die Philosophie.
Moen Guidon coacht zusammen mit Ivan Hudac die Swiss-Ski-Frauen, wobei sich primär der Slowake der Top-Athletin annimmt. Auch der ehemalige Coach von Dario Cologna hat Fähndrich mehr Umfang verschrieben. Der Schwerpunkt auf die Grundlagen-Ausdauer ist schon wegen des Fluor-Banns notwendig. Die Ski gleiten künftig vor allem bei nassen Bedingungen nicht mehr so schnell. Dies gilt es mit noch mehr Kondition und Kraft zu kompensieren.
«Aufs Jahr gibt es nun 920 bis 940 Trainingsstunden. Das sind zehn Prozent mehr als früher», sagt Fähndrich auf das erhöhte Pensum angesprochen. Es sei eine Gratwanderung, es bestehe das Risiko, dass man im Sprint langsamer werde, wenn man mit noch mehr Ausdauertraining einen Schritt auf die längeren Distanzen zu mache.
Steigerung im technischen Bereich
«Aber ich denke, ich habe nichts von meiner Schnelligkeit verloren», urteilt die erfolgreichste Schweizer Langläuferin aller Zeiten. Was nicht schadet, das nützt. «Zwischen den Läufen im Sprint erhole ich mich jetzt etwas besser, und ich denke, ich kann die Kraft nun noch besser in Explosivität umwandeln.»
Auch Hudac spricht von Fortschritten. Er ortet die Steigerung im technischen Bereich. «Nadines Laufstil in den Anstiegen ist nochmals besser geworden, insbesondere bei tiefem Schnee.» Auf das Fluor-Verbot angesprochen meint er: «Die Kraft wird wichtiger werden, für Nadine bestimmt kein Nachteil.»