An der Tour de France heisst es für die Fahrer erstmals Durchschnaufen. Nach 9 zum Teil happigen Etappen steht am Montag der erste Ruhetag an. Einige werden diesen nötiger haben als andere. Noch ziemlich frisch wirkt Topfavorit Tadej Pogacar, der gerne einen noch etwas grösseren Vorsprung mit in die zweite Tour-Woche genommen hätte.
Am Sonntag scheiterten jedoch sämtliche Versuche des Slowenen, sich auf den Schotterpisten der Champagne von seinen Haupt-Konkurrenten abzusetzen. So endete das grosse Spektakel auf den steinigen Feldwegen in einer Pattsituation. Pogacar, Titelverteidiger Jonas Vingegaard, Weltmeister Remco Evenepoel und Primoz Roglic erreichten das Ziel gemeinsam.
Vingegaard spielt auf Zeit
Damit bleibt im Gesamtklassement alles beim Alten. Pogacar trägt weiter das Gelbe Trikot und liegt 33 Sekunden vor Evenepoel. Dahinter folgen Vingegaard (1:15) und Roglic (1:36). Ein Zwischenfazit zu den «Big Four»:
- Pogacar (UAE Team Emirates):
Der Topfavorit fährt bisher äusserst souverän über die französischen Teerstrassen und Bergrampen. Von 9 Etappen trug der Gewinner des diesjährigen Giro d'Italia auf 7 das Gelbe Trikot. Der Slowene preschte in einem atemberaubenden Tempo auf den Col du Galibier, hängte dabei Vorjahressieger Vingegaard ab und baute einen komfortablen Vorsprung auf seinen Widersacher aus. Nachdem die deutliche Zeitfahr-Niederlage gegen Vingegaard bei der vergangenen Tour Spuren hinterlassen hatte, beendete er das erste Rennen gegen die Uhr 12 Sekunden hinter Weltmeister Evenepoel und 25 vor Vingegaard.
Pogacar ist und bleibt der Topfavorit auf den Gesamtsieg. Nicht zuletzt, weil er auch über die stärkste Mannschaft verfügt. Die Etappe auf den Col du Galibier mutete phasenweise fast wie ein Team-Zeitfahren an.
- Vingegaard (Visma – Lease a Bike)
Ob der Däne überhaupt an dieser Tour teilnehmen würde, bot lange Stoff für Spekulationen. Im April hatte sich der zweimalige Gewinner der Frankreich-Rundfahrt im Baskenland schwer verletzt. Nach Vingegaards Teilnahme beim Höhentrainingslager mit seinem Team wurde klar, dass der 27-Jährige für die Frankreich-Rundfahrt eingeplant ist. Auf der 2. Etappe bewies der Kletterspezialist, dass er mit Pogacar mithalten kann.
Die verlorenen Sekunden des Vorjahressiegers auf seinen Konkurrenten am Galibier und beim Zeitfahren verdeutlichten allerdings, wie schwer es für Vingegaard wird, den frischer wirkenden Pogacar zu schlagen. Der Däne pokert mit dem Faktor Zeit, um möglicherweise in der harten dritten Woche zurückschlagen zu können. Bei der kniffligen Schotteretappe am Sonntag konnte Vingegaard Paroli bieten und blieb trotz mehrerer Attacken an Pogacar dran. «Das Ziel war, keine Zeit zu verlieren. Das haben wir geschafft», bilanzierte er.
- Evenepoel (Soudal – Quick-Step)
Bei seinem Tour-Debüt präsentiert sich der Zeitfahr-Weltmeister in toller Form. Aktuell liegt der 24-Jährige als Gesamtzweiter 33 Sekunden hinter Pogacar. Im Zeitfahren hatte der Belgier seine Konkurrenten hinter sich gelassen, feierte so gleich seinen ersten Etappenerfolg. Der Träger des Weissen Trikots für den besten Nachwuchsfahrer dürfte aber vor allem mit dem Hochgebirge der dritten Woche seine Probleme haben.
- Roglic (Red Bull – Bora-hansgrohe)
Der Edel-Zugang des deutschen Rennstalls ist bislang der schwächste der «fabulösen Vier» an der Spitze. Am Berg hat der Routinier, der 2020 dramatisch im Duell mit Pogacar den Tour-Sieg vergab, seine Probleme im Vergleich zu den anderen Top-Fahrern. Lediglich beim Zeitfahren kam er zumindest drei Sekunden vor Vingegaard ins Ziel. Der Slowene, der dem Team den ersten Sieg bei der Frankreich-Rundfahrt bescheren soll, dürfte vor allem um das Podium fahren.