Als Kevin Barrett mal gefragt wurde, was er denn nach seinem Karriereende machen wolle, hielten die meisten seine Antwort für einen schlechten Scherz. «Ich werde ein paar ‹All Blacks› züchten», hatte der begnadete Zweite-Reihe-Stürmer, der selbst nie das legendäre schwarze Trikot der Rugby-Nationalmannschaft Neuseelands tragen durfte, gesagt. Barrett aber meinte es ernst.
Schliesslich jagten daheim auf der Milchfarm bereits seine 5 hochtalentierten Söhne – Kane, Beauden, Scott, Blake und Jordie – dem Ei nach. 1999 war das. Und Barrett sollte sein Wort halten. Beauden (2012), Scott (2016) und Jordie (2017) wurden der Reihe nach für die «All Blacks» nominiert. Im Juni 2018 standen sie als erstes Brüder-Trio der Geschichte für Neuseeland in einem Länderspiel gemeinsam in der Startformation.
Was aber war das Geheimrezept? «Jede Menge Bio-Milch», flachste Beauden Barrett. Beauden ist der Talentierteste aus der Familie. Der 32-Jährige gewann 2015 den WM-Titel, 2016 und 2017 wurde er zum Weltspieler des Jahres gewählt. Auch beim sich gerade immer weiter zuspitzenden WM-Turnier in Frankreich ist er eine Schlüsselfigur der «Götter in Schwarz».
Das «Bier danach» als Motivation
Im Viertelfinal gegen Irland (28:24) verursachte der mit enormem Spielwitz ausgestattete Schlussspieler mit seinen Kicks Chaos beim Gegner. Doch die Show stahl ihm dieses Mal ausgerechnet sein jüngster Bruder Jordie. Der Center behinderte den in der atemraubenden Schlussphase bereits ins Malfeld durchgebrochenen Iren Ronan Kelleher mit einer heroischen Rettungsaktion beim Ablegen und bewahrte die Neuseeländer damit vor dem sicheren Aus.
Nach dem denkwürdigen Match gegen den Weltranglisten-Ersten fielen sich die Brüder in die Arme. «Die Momente nach dem Spiel sind wahrscheinlich die schönsten», sagte Beauden Barrett. Es sei das Grösste, dann «mit meinen Brüdern ein Bier zu trinken».
Argentinien weiss, wie man die «All Blacks» besiegt
Auch am Freitag im Halbfinal-Duell mit Argentinien im Stade de France werden die Barretts alles tun, um mit den wiedererstarkten «All Blacks» ins Endspiel einzuziehen. «Wir müssen sicherstellen, dass wir bereit sind», forderte Headcoach Ian Foster: «Wir kennen Argentinien gut, es wird ein intensives Spiel.»
36 Partien haben die beiden Teams bislang gegeneinander bestritten. Die Südamerikaner gewannen davon lediglich 2, beide aber in der jüngeren Vergangenheit.
- Im November 2020 gelingt den Argentiniern der 1. Sieg überhaupt gegen den kommenden Halbfinal-Gegner.
- Vor etwas mehr als einem Jahr folgte der 2. Erfolg.
- Die letzten beiden Aufeinandertreffen entscheiden die Neuseeländer deutlich für sich.
Ein Sieg für die «Pumas» wäre eine Sensation. Noch nie erreichten die Argentinier einen WM-Final, die beste Platzierung gelang 2007 mit Rang 3, 2015 wurden sie 4. Neuseeland dagegen holte bislang dreimal den goldenen Webb Ellis Cup. Und auch der Mythos der unbezwingbaren «All Blacks» ist nach dem Sieg über Irland endgültig zurück. Den Barrett-Brüdern sei Dank.