Siya Kolisi hat sich seinen Plan für die Zukunft schon zurechtgelegt. «Wenn ich aufhöre zu spielen, möchte ich die Welt zu einem besseren Ort machen», sagte das südafrikanische Kraftpaket jüngst im Podcast Mind Set Win. Bei vielen Menschen eine leere Floskel – dem «Springbok» aber definitiv zuzutrauen.
Kolisi glänzt auf dem Rugbyfeld. Mit seiner Spielweise, aber vor allem auch mit seinem respektvollen Verhalten verkörpert er den Sport in Perfektion. Eine Kombination, die ihm 2018 zum Kapitänsamt bei den Südafrikanern verhalf. Ein historischer Meilenstein für die Regenbogen-Nation, denn zuvor war noch keinem schwarzen Spieler diese Ehre zuteil geworden.
Im Rugby ist Südafrika vereint
Während der Apartheid spielten in Südafrika weisse Menschen Rugby, die «Springboks» waren ein Symbol der Rassentrennung. Nach den ersten demokratischen Wahlen 1994 nahm im Folgejahr erstmals eine Mannschaft mit schwarzen und weissen Spielern an einer WM teil. Im eigenen Land sicherte sich Südafrika den Titel, die Bilder von Präsident Nelson Mandela im grünen Trikot der «Springboks» gingen um die Welt.
Mit diesem neuen Zusammengehörigkeitsgefühl verschwanden die Probleme im Land nicht auf Knopfdruck. Doch Kolisi, der es aus einem der ärmsten Townships des Landes bis auf die grosse Bühne geschafft hat, verkörpert nun das «neue» Team – und ist gerade deshalb ein Vorbild für viele junge Südafrikaner. «Er ist jemand, den jeder auf seiner Seite haben möchte», sagte der ehemalige Nationalspieler Joel Stransky. Kolisi sei ikonisch, «wegen der Art, wie er führt, wie er spielt und wie er sein Leben lebt».
So oder so ein Vorbild
Und das tut der Kapitän auch in diesen Tagen bei der WM. Nach dem atemberaubenden 29:28-Sieg Südafrikas im Viertelfinal gegen Frankreich galten die ersten Worte des 32-Jährigen den niedergeschlagenen Gastgebern: «Ich möchte ihnen einfach nur gratulieren. Zu dem, was sie erreicht haben.» Die französischen Fans könnten «stolz auf diese Mannschaft sein».
Dass Kolisi mit seinem Team auf dem Weg zum 2. WM-Titel in Folge ist, geht dabei fast unter. Am Samstag wartet England im Halbfinal. Ob Sieg oder Niederlage – auch dann will er als Vorbild vorangehen: «Jeden Tag muss ich mir selbst bewusst machen, dass ich mich anstrengen muss, weil andere auch auf mich schauen – und hoffentlich kann ich dieses kleine bisschen Hoffnung für sie sein.»