«Ich bin mega zufrieden. Alle Ziele, die ich mir gesteckt habe, habe ich erreicht.» Wenn eine Olympiasiegerin so über ihre Plätze 4 (50 m liegend), 10 (50 m Dreistellungskampf) und 53 (10 m Luftgewehr) in den WM-Einzel-Wettkämpfen spricht, mag das auf den ersten Blick verwundern.
Nicht aber im Fall von Nina Christen. Für die Innerschweizer Schützin sind die Leistungen Gold wert. Denn sie nähert sich der Weltspitze wieder an – vor Jahresfrist unvorstellbar, weil Christen nach ihrem Olympiasieg Abstand benötigte und ihr Gewehr ein halbes Jahr in den Schrank stellte.
«Da habe ich auf jeden Fall meine Form teilweise verloren», gibt Christen zu. Am meisten habe die lange Pause ihrem Gefühl für die Schiessposition und für ihr Verhalten unter Druck geschadet.
2022: Das Reset-Jahr
Christen drückte den Reset-Knopf: Sie wechselte in eine andere Trainingsgruppe, um mit dem Dänen Torben Grimmel zusammenzuarbeiten, dem neuen Coach bei Swiss Shooting. «Er konnte mir vor allem die Ruhe und die Zielorientierung zurückgeben, die ich nach Olympia verloren hatte», sagt die 28-Jährige, die den Silbergewinner von Sydney wegen der Charakter-Verwandtschaft schätzt.
Im Schiesssport spielen kleinste Details (den Top-8-Final im Dreistellungswettkampf verpasste sie um Haaresbreite) und das Mentale eine kapitale Rolle. So arbeitet Christen auch mit dem Sportpsychologen Jörg Wetzel zusammen – in unterschiedlichen Bereichen: «Manchmal geht es um die konkrete Wettkampfvorbereitung, manchmal um die Persönlichkeits-Entwicklung.»
Je näher die Olympischen Spiele 2024 in Paris rücken, umso mehr geht es um die Quotenplätze. 2023 gibt Christen wieder Vollgas: «Wir haben sehr viele Wettkämpfe: Weltcups, EM, European Games, WM. Überall gibt es Quotenplätze. Das wird ein strenges Jahr.»