Iouri Podladtchikov ist ein Stehaufmännchen: Weder ein Kreuzbandriss noch ein Schädel-Hirn-Trauma warfen den Halfpipe-Olympiasieger von 2014 aus der Bahn, er kam immer wieder zurück. Der Achillessehnenriss, den er sich im vergangenen Februar an der WM in Park City zugezogen hat, setzt ihm allerdings mehr zu.
Will er sich das alles noch einmal antun?
Der Weg zurück in die Halfpipe und zu den Sprüngen höchster Schwierigkeitsstufe erweist sich als lang und beschwerlich. Und zwingt den 31-Jährigen zu Gedanken, die für ihn nicht leicht zu ertragen sind: Sinn und Unsinn sowie Rücktritt. Es ist offensichtlich, dass ihn diese Verletzung mehr beschäftigt als alles andere zuvor.
Wenn ich will, ist für mich alles möglich. Aber ich weiss nicht, ob ich noch will und Lust auf das Ganze habe.
Im Gespräch mit SRF zeigt sich Podladtchikov offen wie nie und gibt Einblick in seinen langwierigen Weg zurück in den Schnee und in seine Gedankenwelt. «Nach meinem Achillessehnenriss habe ich zum ersten Mal den Leuten in die Augen geschaut und gesehen, dass sie mich aufgeben. Auch Leute, die mir sehr nahe stehen», verrät Podladtchikov.
Das Leben an der Weltspitze ist sehr hart und eintönig.
Der russisch-schweizerische Doppelbürger befindet sich in einer Art Zwickmühle. «Wenn ich will, ist für mich alles möglich», stellt er klar. «Aber ob ich es will, weiss ich nicht. Ich weiss nicht, ob ich mich wieder in diesen Tunnel begeben möchte. Das Leben an der Weltspitze ist sehr hart und eintönig. Ich müsste sehr viel investieren, um nur schon wieder bei 80 Prozent zu sein.»
Podladtchikov verrät, dass er sich in den letzten Monaten vermehrt mit dem Rücktrittsgedanken herumgeschlagen hat. «Ich weiss nicht, ob ich noch Lust auf das Ganze habe. Irgendwann will man einfach mehr geniessen statt leiden.»
Für Podladtchikov ist es nicht einfach, mit solchen Gedanken umzugehen. «Rücktritt ist ein heikles Thema. Ich will immer alles, immer gewinnen. Zur Überzeugung zu gelangen, das alles auf einmal nicht mehr zu tun, ist praktisch unmöglich.»
In naher Zukunft ist der Rücktritt aber vorerst kein Thema. Der Fokus liegt auf Laax. «Ich möchte teilnehmen, und danach sieht es auch aus. In den Final vorzustossen sollte eigentlich kein Problem sein», legt Podladtchikov seine Ziele offen. Nach dem Heimauftritt geht es aber wieder langsamer weiter. «Wir haben einen spezifischen Trainingsplan. Ein Start in Calgary ist aber möglich.»
Sendebezug: SRF zwei, sportaktuell, 09.01.2020, 22:15 Uhr