Vielleicht wurde der Grundstein ja wirklich damals gelegt, vor 10 Jahren, am Fusse des Vesuvs. Max Verstappen war 14 Jahre alt und stand allein an einer Raststätte in Italien, er blickte den Rücklichtern eines Vans nach. Sein Vater sass darin, er hatte ihn zurückgelassen – weil Verstappen junior bei einem Kartrennen versagt hatte.
Es ist die berühmteste von vielen Anekdoten aus der Jugend des Rennfahrers, vielleicht, weil sie zeigt, wie hart es zuging im Hause Verstappen. Vater Jos, ebenfalls Rennfahrer, habe ihm allerdings geholfen, «der zu sein, der ich heute bin», sagt Verstappen.
Gewinnen, gewinnen, gewinnen. Das habe ich von ihm verlangt.
Und seit Sonntag ist er zweimaliger Weltmeister der Formel 1 – einer, der mit den ganz Grossen seines Sports verglichen werden darf.
Vergleiche mit Legende Senna
Laut Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko ist Verstappen nicht bloss «der schnellste Fahrer», den das Team je hatte. Schneller also als der immerhin viermalige Weltmeister Sebastian Vettel.
Marko sieht gar Ähnlichkeiten zu einem, der eigentlich als ziemlich einzigartig gilt: Ayrton Senna. Verstappen habe ebenfalls dieses «unglaubliche Naturtalent» und daher einen «exorbitanten Grundspeed», sagte Marko zuletzt bei Sport1: «Dazu kommt eine fantastische Fahrzeugbeherrschung, gerade im Grenzbereich.»
Morgens brachte er mich zur Schule, dann ging er in die Werkstatt. Und wenn ich mit der Schule fertig war, war er immer noch in der Werkstatt.
All das ist ihm allerdings nicht zugefallen. Mit 4 Jahren sass Verstappen erstmals im Kart, und Vater Jos, selbst 107-mal in der Formel 1 am Start, sah früh etwas Spezielles in seinem Sohn. So viel, dass er auch sich selbst nun dessen Karriere verschrieb.
Durch die harte Familienschule
«Morgens brachte er mich zur Schule, dann ging er in die Werkstatt», sagt Max Verstappen, «und wenn ich mit der Schule fertig war, war er immer noch in der Werkstatt.» Der Sohn sollte mit dem bestmöglichen Material antreten, und er sollte noch etwas: «Gewinnen, gewinnen, gewinnen», erinnert sich Jos Verstappen, «das habe ich von ihm verlangt.»
Manchmal klappte es nicht, wie damals in Italien. Am Ende der Kartsaison 2012 warf der Teenager die Titelchance weg. Wenig später stand er allein am Rastplatz, seine Mutter musste ihn aufsammeln. Und der Vater redete eine Woche nicht mit ihm.
Diese emotionale Härte gegen einen Heranwachsenden sehen Vater und Sohn zumindest heute nicht mehr als Problem, im Gegenteil. «Es hat ihm geholfen», sagt Jos Verstappen, «und ich glaube, es hilft ihm jetzt noch.»
Ohne Führerschein in die Formel 1
Vom Kart ging es in die Formel-Klassen, dort fuhr Max seine Konkurrenten in Grund und Boden. Und so folgte schon mit 17 Jahren der nächste Aufstieg: Verstappen besass noch nicht mal den Führerschein, da machte Red Bull ihn 2015 beim Junior-Team Toro Rosso zum jüngsten Formel-1-Fahrer der Geschichte.
Hier und auch später bei Red Bull hatte er noch eine ganze Weile kein Auto, mit dem man um den Titel fahren konnte. Verstappen verdiente sich Respekt als Verfolger, wurde zum jüngsten Rennsieger der Geschichte, er arbeitete sich in die Königsklasse rein. Der Heisssporn reifte sechs Jahre lang als Mensch und als Fahrer.
Auf den Spuren von Michael Schumacher
Dann kam die Saison 2021, erstmals ergab sich eine echte Chance auf die Weltmeisterschaft. Und Verstappen nutzte sie gleich – in einer der engsten Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit rang er Rekordweltmeister Lewis Hamilton nieder.
In diesem Jahr nun das Kontrastprogramm. Verstappen und der RB18, diese Kombination fährt in einer eigenen Liga, und das Ergebnis ist niederschmetternd für die Konkurrenz. Seit 20 Jahren hat niemand derart früh die WM gewonnen, damals war es Michael Schumacher. Mit den ganz Grossen darf man Max Verstappen mittlerweile ja vergleichen.