Seit bald 30 Jahren ist der US-Amerikaner Moy Rivas in der familiären Breaking-Szene zu Hause, kennt an den Wettkämpfen jeden, tauscht sich gerne aus. Nicht so aktuell in Paris.
Für das olympische Debüt der Sportart ist «B-Boy Moy» als Judge, also Schiedsrichter, im Einsatz, und hat deshalb klare Vorgaben. «Wir dürfen uns nicht mit den Athletinnen und Athleten abgeben.» Normalerweise würde der 40-Jährige jeden und jede in der Szene überschwänglich begrüssen, «doch hier kann ich ihnen höchstens aus der Distanz zuwinken».
Manche Athletinnen und Athleten werden Moves zeigen, von denen sie nicht einmal selber wussten, dass sie sie können.
Die Begründung dafür ist einfach: Die Judges sollen auf keinen Fall voreingenommen sein oder nur schon nach aussen so wirken. «Das war eine Auflage der Organisatoren», so Rivas.
Es gewinnt, wer es am meisten will
Beim Breaking trifft Kunst auf Athletik. Die Tanzenden messen sich dabei immer im 1 gegen 1 und zu Musik, die der DJ ihnen vorgibt. Rivas wird die verschiedenen Auftritte zusammen mit acht weiteren Judges und einem Head-Judge anhand von fünf verschiedenen Kriterien bewerten: Technik, Ausführung, Originalität, Vokabular und Musikalität.
Der US-Amerikaner führt die zwei letzten, nicht gerade intuitiven Kriterien aus: «Um im Vokabular zu punkten, müssen die Athletinnen und Athleten eine Vielzahl von Moves in verschiedenen Positionen ausführen. In der Kategorie Musikalität geht es darum, im Takt zu sein und sein Programm an die Musik anzupassen.»
Generell basiere Breaking aber auf sehr viel Improvisation. «Manche Athletinnen und Athleten werden Moves zeigen, von denen sie nicht einmal selber wussten, dass sie sie können», führt Rivas mit einem Lachen aus. Es gehe auch nicht zwingend darum, möglichst schwierige Tricks zu zeigen. «Im Breaking schauen wir am Ende immer darauf, wer es am meisten will.»
«Breaking-Kultur lebt in uns drin»
Auf dem Place de la Concorde in Paris feiert Breaking in diesen Tagen sein olympisches Debüt. «Dafür haben wir lange und hart gekämpft», meint Rivas, der selber jahrelang «B-Boy» war und in der Szene Richtung Legenden-Status geht. «Es ist grossartig, auf der Weltbühne stehen zu können. Das wird uns so viele weitere Türen öffnen.»
Die eigentlich urbane Sportart kommt ursprünglich aus dem Underground der New Yorker Bronx, wo sie sich in den 1970er-Jahren zu rhythmischen Hip-Hop-Beats entwickelt hat. Dass diese Herkunft nicht unbedingt mit der grossen, globalen Olympia-Plattform zu vereinbaren ist, wird in der Szene diskutiert.
«Es wird immer Stimmen geben, die sagen, dass Breaking seine Essenz oder seine ursprüngliche Herkunftsidee verliert», wiegelt Rivas ab. «Doch die Breaking-Kultur lebt in uns drin. So ist es doch mit allem, was man liebt.» Für den passionierten «B-Boy» ist klar: «Es ist unmöglich, dass diese Sportart ihre Identität verliert.»