Die olympische Flamme ist längst erloschen, emotionale Tage voller Höhen oder Tiefen liegen hinter Sportlerinnen und Sportlern. Und jetzt? Die Rückkehr in den Alltag ist nach den famosen Frankreich-Spielen eine anspruchsvolle Herausforderung, viele Athletinnen und Athleten erleben dabei eine grosse Leere.
Rekord-Olympiasieger Michael Phelps rückte das Thema der Post-Olympic-Depression vor Jahren schon in den Fokus. Der 23-malige Goldmedaillengewinner aus den USA verfiel nach den vier triumphalen Spielen stets in Phasen tiefer Depressionen.
Angst vor Stigmatisierung
Zwar reden immer mehr über ihre Leiden, aber die Dunkelziffer ist hoch. «Es ist das berühmte Eisberg-Modell. Man sieht ein paar Leute, die darüber sprechen, aber den grösseren Teil sieht man nicht», sagte Psychologin Marion Sulprizio der Deutschen Presse-Agentur . «Das Thema der Post-Olympic-Depression ist für viele Sportler und Sportlerinnen ein Tabu-Thema. Aber das ist bei vielen psychischen Erkrankungen der Fall. Die Sorge vor einer Stigmatisierung ist gross.»
Australische Forschende berichteten vor drei Jahren, dass Post-Olympia-Depressionen keine Seltenheit sind. In strukturierten Interviews erklärten Athletinnen und Athleten ihnen, dass sie sich in der ersten Zeit nach Olympia häufig deprimiert und einsam fühlten. Sie vermissten das Team und sahen sich plötzlich mit viel freier ungeplanter Zeit konfrontiert. Die beklemmenden Schilderungen von US-Star Phelps zeigen, dass es auch den Erfolgreichsten treffen kann.
Leones Vorbereitung
Vor drei Jahren kämpfte auch Nina Christen mit unerfreulichen Nachwehen. Zuerst gewann die Nidwaldner Sportschützin in Tokio etwas überraschend Olympiabronze über 10 m mit dem Luftgewehr. Eine Woche später gelang ihr im Kleinkaliber-Dreistellungskampf gar der Gold-Coup. Christen war plötzlich in aller Munde – und fiel in ein emotionales Tief. Dieses hat die 30-Jährige inzwischen verarbeitet.
Sportlich trat in Paris Chiara Leone mit dem Titel im Dreistellungskampf in ihre Fussstapfen. Die Aargauerin wird in der Heimat plötzlich auf der Strasse erkannt, ein ungewohntes Gefühl für eine Athletin einer Randsportart. Angst, dasselbe Schicksal wie Christen zu ereilen, hat Leone aber nicht: «Wir kennen die Erfahrungen von Nina und haben daraus gelernt. Wir wissen, was auf mich zukommt und sind sehr gut darauf vorbereitet.»