Was hat es ihn im Schlusshang noch einmal durchgeschüttelt. Ein Schlusshang, der noch eisiger und tückischer als in den Jahren zuvor war. Und so schrumpfte auch der Vorsprung von Marco Odermatt, je näher der Nidwaldner der Ziellinie kam.
Nidwaldner Nervenstärke
Doch Odermatt blieb cool, wie er dies eigentlich immer tut – im Starthaus, auf der Piste, bei den Interviews. Eine knappe halbe Sekunde rettete der 24-Jährige zum Schluss auf Manuel Feller ins Ziel. Damit degradierte Odermatt nicht nur den Österreicher, welcher der Konkurrenz im 2. Lauf um die Ohren gefahren war, sondern mit Alexis Pinturault (3.) auch den Gesamtweltcup- und doppelten Vorjahressieger zum Komparsen am Chuenisbärgli.
Noch vor den Rennen sprach der Schweizer über den Druck, den er als Führender des Gesamtweltcups nach den letzten Resultaten jeweils noch deutlicher verspürt hat – und sich vermehrt auch selbst macht. Nun stand er einmal mehr mit der roten Startnummer als Letzter im Starthaus – im Tal tausende erwartungsvolle Ski-Fans.
Schweizer Bann gebrochen
Und einmal mehr bewies Odermatt seine mentale Stärke. Mit seinem Triumph sorgte er 14 Jahre nach Marc Berthod für einen erneuten Heimsieg beim Riesenslalom in Adelboden. «Die Zeit war reif, mich abzulösen», meinte auch der SRF-Experte, der Odermatt besonders für seine Nervenstärke lobte. Vor dem Rennen hatte Berthod dem späteren Sieger noch einen Brief geschrieben, um ihm die notwendige Energie für den Coup zu verleihen.
«Es bedeutet mir alles», liess ein emotionaler Sieger kurz nach Rennende durchblicken und gestand: «Bereits auf den beiden Fahrten mit dem Sessellift sind mir die Tränen gekommen, was sonst nie passiert.» Tatsächlich schien mit dem Heimsieg eine grosse Last von den Schultern des Nidwaldners zu fallen.
Er habe seinen Namen selten so oft wie in den letzten Tagen gehört, liess der Weltcupleader verlauten: «Sogar am Vorabend habe ich durch das offene Fenster noch Kinder von mir sprechen hören.» Mit dem Heimsieg hat sich «Odi» selbst einen Kindheitstraum erfüllt und bleibt der Mann der Stunde – nicht nur in Adelboden.
Doch nicht nur Odermatt, auch Justin Murisier hatte gleich doppelten Grund zur Freude. An seinem 30. Geburtstag verdrängte ihn ausgerechnet sein jeweiliger Zimmerkollege vom Podest. Doch der wohl glücklichste Viertplatzierte gab sich demütig, lobte seinen Kollegen und fand erst zum Schluss noch Worte für seinen Auftritt und sein Saisonbestergebnis: «Es könnte nicht besser sein.»