6 Rennen – 6 Medaillen. Im Schnitt fährt in jedem Rennen eine Schweizerin aufs Podest. Was für eine Bilanz! Natürlich wusste man um die Qualität des Schweizer Teams, um die zahlreichen Medaillenchancen. Aber dass diese dann so erfolgreich genutzt werden, ist alles andere als selbstverständlich.
Die Vollendete
Sprach man vor der WM von Lara Gut-Behrami, ging es zwangsläufig irgendwann um diese fehlende Goldmedaille an einem Grossanlass. Wenn nicht jetzt, wann dann? Das fragten wir uns alle. Und dann kommt sie, bereits im ersten Rennen, in diesem Super-G, in dem die vierfache Saisonsiegerin fast nur verlieren kann.
Sie verliert nicht, sie gewinnt. Gut-Behrami selbst hätte ihre Karriere ohne diese Goldmedaille nicht als unvollendet bezeichnet, dennoch ist es irgendwie eine Vollendung, sicher aber eine Vergoldung ihrer Laufbahn.
Plötzlich scheint alles wie von selbst zu gehen. Bronze in der Abfahrt kommt dazu. Und dann folgt der Riesenslalom, dieser ultimative Krimi auf einer langen, schwierigen Piste. Ein Kampf auf absolutem Topniveau in der Kerndisziplin des alpinen Skirennsports, in der das Niveau so hoch ist wie in keiner anderen. Und wieder schlägt die Tessinerin zu.
Und nun freut sie sich auch noch, wie wir es von ihr schon lange nicht mehr gesehen haben. Nicht im Weltcup, auch nicht beim Super-G-Gold an dieser WM. Lara Gut-Behrami krönt in Cortina ihre Karriere, und hierzulande dürfte sie die eine oder der andere wieder etwas lieber gewonnen haben.
Die Speed-Queen
Ohne je auf einem Weltcup-Podest gestanden zu sein, schlug Corinne Suter an der WM vor 2 Jahren in Are so richtig ein, gewann Bronze im Super-G, dann Silber in der Abfahrt. Und nun gelingt ihr nochmals eine Steigerung. Zuerst die Silbermedaille im Super-G, die viel Druck beseitigt, in einer Saison, in der es nach starkem Start auf hohem Niveau zu harzen begann.
Es kommt die Abfahrt, in der sie die Gunst der Stunde nutzt, genauer gesagt die Abwesenheit von Saison-Dominatorin Sofia Goggia. Plötzlich sind die fehlenden paar Prozente wieder da, plötzlich schafft es Suter wieder, sich aus der Komfortzone in Richtung Risiko zu bewegen. Der Lohn ist WM-Gold in der Abfahrt, zum ersten Mal seit Maria Walliser 1989 hat die Schweiz wieder eine Abfahrts-Weltmeisterin.
Die Emotionale
Eine emotionale WM erlebt Michelle Gisin, ein ziemliches Auf und Ab. Auf der positiven Seite finden wir starke Leistungen in der Abfahrt (Rang 5) und in der Kombination, wo sie die Bronze-Medaille gewinnt – und natürlich den Riesenslalom der Männer, in dem ihr Freund Luca De Aliprandini überraschend Silber holt. Auf der anderen Seite stehen der Riesenslalom (Rang 11) und der Slalom (out im 1. Lauf), wo sie ihre Medaillenträume im versalzenen Frühlingsschnee von Cortina begraben muss.
Die Enttäuschte
Wendy Holdener bleibt nach 3 erfolgreichen Grossanlässen in den letzten 4 Jahren für einmal ohne Edelmetall. Es soll nicht sein – auch weil sie im Parallel-Event vom Reglement benachteiligt wird, aber auch ganz einfach, weil sie sich nicht auf dem gleichen Niveau bewegt wie in St. Moritz, Pyeongchang oder Are.
Die Erklärung ist schnell gefunden. Einerseits konnte sie in der letzten Vorbereitungsphase vor der Saison wegen einer Verletzung am Schienbeinkopf sechs Wochen nicht auf Schnee trainieren; andererseits musste sie ihren langjährigen Trainer durch einen neuen ersetzen. Das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen – unter diesen zeigt sie in Cortina gute Leistungen, nur der Lohn dafür bleibt leider aus.
14 für 5
Ein paar wenige Ausnahmekönnerinnen prägen diese WM: Mikaela Shiffrin (4 Medaillen), Lara Gut-Behrami, Katharina Liensberger (beide 3), Corinne Suter und Petra Vlhova (beide 2). Diese fünf Athletinnen gewinnen zusammen 14 Medaillen. Sie untermauern die so banale, aber so treffende These «Wenn’s läuft, dann läuft’s».
Und dass es dafür eben nicht läuft, wenn es nicht läuft, muss beispielsweise eine Federica Brignone erfahren. Die Gesamtweltcupsiegerin ist eine von wenigen Hoffnungen des Gastgeberlandes und scheitert durchwegs grandios. Zuerst hat sie keinen Erfolg (Rang 10 im Super-G), dann kein Glück (in diesem unsäglichen Parallel-Rennen) und schliesslich kommt auch noch Pech dazu (out in der Kombination, im Riesenslalom und im Slalom).