6 Jahre ist es her, seit Lindsey Vonn ihr letztes WM-Rennen bestritten hat. In Are fuhr sie 2019 in der Abfahrt zu Bronze. Es war ihr 8. Edelmetall an einer Weltmeisterschaft, ihr 11. an einem Grossanlass insgesamt – und das letzte Rennen ihrer «ersten Karriere».
Seitdem ist vieles passiert: Vonn musste den nie abklingenden Knieschmerzen Tribut zollen und trat nach jener WM in Schweden zurück. Sie widmete sich «dem Business, Reisen, meinen Freunden. Ich liebe mein anderes Leben und freue mich, dahin zurückzukehren. Für den Moment ist dieses einfach pausiert», erzählt sie am Montagabend im rappelvollen Pressezentrum in Hinterglemm.
Hier an der WM 2025 ist sie wieder zurück im Rampenlicht – und wie. Nachdem sie im Frühling eine Teilprothese im Knie erhalten hat, ist alles anders. «Ich habe die Uhr um 15 Jahre zurückgedreht.» Sie schaffte im Weltcup das Comeback und qualifizierte sich in den Speeddisziplinen locker für die WM. «Das habe ich selber nicht erwartet», so Vonn. «Ich wollte hier in Saalbach eigentlich nur als Vorfahrerin dabei sein. Alles, was jetzt noch kommt, ist die Kirsche auf der Torte.»
Ohne Druck zur Medaille?
Ambitionslos ist Vonn deshalb längst nicht. «Ich bin bereit, hier um eine Medaille zu kämpfen. Hoffentlich bin ich schnell genug, um aufs Podest zu fahren, denn nur darum geht es an einer WM.» Zwar komme die technisch nicht sehr anspruchsvolle Strecke ihren Fähigkeiten nicht sonderlich entgegen, doch einen Trumpf hat die Amerikanerin im Ärmel.
Im Gegensatz zu ihren Konkurrentinnen wähnt sie sich ohne Druck. So sei sie nicht hier, «um etwas zu beweisen. Die anderen Girls machen sich selber viel Druck und spüren den auch vom Team. Ich bin komplett frei, ich fahre Ski, weil ich das liebe. Bei einer WM und Olympia geht es darum, mit dem Druck umgehen zu können. Und ich habe keinen.»
Kein Traum-Duo mit Shiffrin
Neben dem Super-G und der Abfahrt erhofft sich die erfahrenste Athletin am Start auch Medaillenchancen in der Team-Kombination vom kommenden Dienstag. Zur Mega-Kombination mit Mikaela Shiffrin – das Duo hätte zusammen 181 Weltcup-Siege an den Start gebracht –, die Vonn selber ins Spiel brachte, wird es indes nicht kommen. Die Slalom-Fahrerin gab eine Woche vor dem Rennen bekannt, sich nach ihrer Verletzungspause voll und ganz auf Riesenslalom und Slalom konzentrieren zu wollen.
Ihr Comeback hat Vonn aber ohnehin auf die Olympischen Spiele 2026 in Cortina ausgerichtet. Dann will sie ihre Karriere mit einer weiteren Medaille noch weiter vergolden. Zuversichtlich stimmt sie, dass sie bereits jetzt – ohne gründlich absolviertes Sommer-Training – mit den Schnellsten mithalten kann. Verschaffe sie sich in dieser Saison eine gute Startposition für den kommenden Winter und könne den Sommer für Materialtests optimal nutzen, «bin ich perfekt in der Spur».
Sagt es und verschwindet so, wie sie gekommen ist. Unter Applaus einiger der anwesenden Journalistinnen und Journalisten. Auch das ist typisch Vonn. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sie in Saalbach-Hinterglemm tatsächlich eine Medaille holen sollte.