«-0,72» leuchtet es bei der letzten Zwischenzeit von Wendy Holdener grün auf. Die Schwyzerin ist auf gutem Weg, die Bestzeit der Führenden Laurence St-Germain zu pulverisieren, die grössten Klippen scheinen bereits umschifft, auch die Goldmedaille ist mit dieser Fahrt in Reichweite.
Ich wollte richtig geil Ski fahren und nichts verschenken. Das war der Plan.
Doch dann verliert Holdener den Bodenkontakt, wird kurz darauf erneut ausgehebelt, schliesslich greift ihr Innenski zum falschen Zeitpunkt – die Schweizerin hat keine Chance mehr, das nächste Tor korrekt zu passieren. Sie scheidet mit der WM-Medaille vor Augen aus. Doch was war genau passiert? Im Zielraum sucht die 6-fache WM-Medaillengewinnerin nach Erklärungen.
«Ich überlege, was das Problem war. Ich kam vom Schatten in die Sonne … ich weiss es nicht, ich verstehe es noch nicht ganz», so die enttäuschte Holdener im Interview. «Ich habe angegriffen und bin gut gefahren. Ich wollte richtig geil Ski fahren und nichts verschenken. Das war der Plan. Ich habe schon gehofft, dass ich um Gold mitfahren kann.»
Holdener fast zu schnell unterwegs
«Wendy war schon kurz vor dem Out schwer in Bedrängnis und hätte einen Bremser einbauen können. Sie wollte aber auf Zug und damit auf Goldkurs bleiben und entschied sich dagegen», analysierte SRF-Expertin Tina Weirather die angriffige Fahrt Holdeners. Die längere «Schwebephase» verbunden mit dem hohen Tempo hätte es verunmöglicht, das rote Tor noch zu erreichen, so Weirather.
Für Holdener dürfte das Out im Slalom von Méribel ein bitteres Déjà-vu darstellen. Vor 4 Jahren an der WM in Are brachte sich die Schweizerin mit der Halbzeitführung in eine ähnlich günstige Ausgangslage, ehe sie im 2. Durchgang weit zurückfiel. An den letzten Titelkämpfen in Cortina d’Ampezzo lag Holdener nach dem 1. Durchgang auf Bronzekurs, wurde am Ende aber nur 4. Somit bleibt es für die 29-Jährige in ihrer Paradedisziplin bei einer WM-Medaille: 2017 wurde Holdener in St. Moritz hinter Mikaela Shiffrin Zweite.
Mit 2 Medaillen im Gepäck
Für Holdener endet die WM in Frankreich damit mit einer Enttäuschung. Sie reist zwar mit zwei weiteren WM-Medaillen im Gepäck zurück in die Schweiz (Silber in der Alpinen Kombination sowie im Parallelevent), doch nur allzu gerne hätte sie im Slalom nachgelegt. Einen klaren Plan hatte Holdener – um ein Haar wäre er aufgegangen ...