Begonnen hatte alles nach Plan: Mit einer sensationellen Fahrt im Super-G und genau 1 Sekunde Vorsprung krönte sich Marco Odermatt vor einer Woche zum 3. Mal in seiner Karriere zum Weltmeister. Es sollte der Beginn seiner Gold-Spiele werden.
Denn der Nidwaldner, der im Weltcup in der Abfahrt, im Super-G und im Riesenslalom führt, hatte auch an der WM hohe Ambitionen. Vor Beginn sagt er: «Keine Frage: Wenn man als Weltmeister am Start stehen darf, will man den Titel am liebsten verteidigen.» Nach dem Riesenslalom vom Freitag muss man konstatieren: So wie sich der 27-Jährige die WM in Saalbach vorgestellt hat, ist es nicht gekommen.
- In der Abfahrt, wo er als Titelverteidiger antritt, begeht er 2, 3 kleine Fehler. Genug, dass er als 5. leer ausgeht.
- Die Team-Kombi vom Mittwoch, wo die Schweiz alle 3 Medaillen abräumt, «opfert» Odermatt zugunsten des Riesenslalom-Trainings.
- Im Riesenslalom findet der Nidwaldner den Schwung nicht wie gewohnt und fällt im 2. Durchgang noch auf den undankbaren 4. Platz zurück.
Damit verlässt Odermatt das Salzburgerland «nur» mit einmal WM-Gold im Gepäck. SRF-Experte Marc Berthod will den Stab über Odermatt nicht brechen: «Von einer Enttäuschung kann man nicht sprechen, das wäre nicht fair. Er hat einmal Gold gewonnen und in beiden anderen Rennen wäre es auch möglich gewesen.» Nach Odermatts überlegenem Super-G-Sieg habe man noch gedacht: «Wow, was für ein Übermensch!»
In einer illustren Reihe
Odermatt habe mit seinen Leistungen in den vergangenen Jahren einen Massstab geschaffen, dem man kaum gerecht werden könne. So stehe er mit den Titeln im Super-G, der Abfahrt und im Riesenslalom in einer Reihe mit Pirmin Zurbriggen, Hermann Maier und Bode Miller. «Das zeigt, mit wem man ihn misst», sagt Berthod. «Er wird immer am Podest gemessen und ist überall Favorit. Aber klar, er ist mega ehrgeizig, er wollte schon dreimal Gold, deshalb ist er auch enttäuscht.»
Odermatt selber formulierte sein WM-Fazit am SRF-Mikrofon ähnlich: «Ich bin Weltmeister geworden, habe die Goldmedaille geholt, die mir noch gefehlt hat. Ich habe nun in jeder Disziplin WM-Gold gewonnen, so schlecht ist das nicht.»
Wie verändert sich die Team-Dynamik?
Spannend findet Berthod die Entwicklung der teaminternen Hierarchie in den nächsten Monaten: «Die haben im Team eine so gute Stimmung! Und Odermatt ist als grosser Förderer mitverantwortlich für die Erfolge der anderen. Er hat sie immer mitgezogen. Bis jetzt war er immer vorne.» Nun habe er in der Abfahrt und im Riesenslalom mal seinen Kollegen den Vortritt lassen müssen.
Für die Trainer sei es jetzt die Aufgabe, neue Dynamiken zu erkennen und zu beobachten, wie sich das entwickelt.
Einer der seltenen Art
Und einer, der noch immer erst 27-jährig ist. Angst, dass Odermatt wie einst Zurbriggen früh zurücktreten könnte, hat Berthod nicht: «Ich habe das Gefühl, er kann seinen Erfolgshunger nie stillen. Er ist ein Seriensieger, wie es nur wenige gab.» Selbst wenn Odermatt die Abfahrt in Kitzbühel, sein selbsterklärtes «letztes Ziel», bald gewinnen sollte, bleibe dies so. «Dann will er mehrmals dort siegen. Und er hat alle Möglichkeiten dafür.»
Klar ist nach Saalbach aber auch: Mit der WM 2025 hat Odermatt selber dafür gesorgt, dass ihm noch viele Ziele bleiben. Und mit 27 Jahren geht ihm auch die Zeit nicht so schnell aus.